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Wie eine winzige US-Bank in den FTX-Skandal verstrickt ist 

Warum investiert ein Krypto-Unternehmen in eine winzige ländliche Bank? Und was hat der Erfinder der Kinderserie „Inspector Gadget“ damit zu tun? Seit dem Zusammenbruch der Kryptobörse FTX beschäftigen diese Frage in den USA Medien, Bankenaufsicht und Politik. 


Wie eine winzige US-Bank in den FTX-Skandal verstrickt ist 

Der spektakuläre Absturz der Handelsplattform FTX hat nicht nur die Krypto-Szene in Schock versetzt. Mit Beteiligungen von Softbanken wie Sequoia Capital und zahlreichen Rentenfonds hat der Skandal auch bereits Folgen für den traditionellen Finanzsektor. Und noch immer ist unklar, ob die Insolvenz des Krypto-Riesen einen Dominoeffekt auslöst und welche Unternehmen oder Industrien dieser beträfe.  

Die Tatsache, dass in den Konkursunterlagen von FTX auch die Beteiligung an einer winzigen US-Bank auftauchte, erscheint im Vergleich zu diesen Dimensionen zunächst nebensächlich. Doch die kleine Farmington State Bank und ihre Verstrickung mit FTX hat die Aufmerksamkeit der amerikanischen Medien, Aufsicht und mittlerweile auch der Politik auf sich gezogen. 

Die 1887 gegründete Farmington State Bank ist in jeder Hinsicht eine typisch ländliche Bank mit einem Geschäft, das sich auf Agrarkredite für Landwirte spezialisiert hat – das war sie zumindest bis 2020. In diesem Jahr kaufte das Unternehmen FBH Corp die kleine Bank, änderte den Namen in Moonstone Bank, transformierte ihr Geschäftsmodell und ersetzte Agrarkredite durch APIs, Kryptowährungen und Digitale Lösungen für Cannabis-Unternehmen. 

Dass Fintech-Unternehmen tradierte Banken kaufen, digital transformieren und so an eine Banklizenz kommen, ist selten, aber nicht ausgeschlossen – in Deutschland ist es etwa bei Raisin und der MHB-Bank passiert. Was den Kauf der Farmington State Bank im Kontext des FTX-Skandals allerdings verdächtig macht, sind personelle Verstrickungen. Denn Besitzer der FBH Corp ist der französische Drehbuchautor, Unternehmer (und Mitschöpfer der Comicfigur Inspector Gadget) Jean Chalopin, der auch Vorsitzender der auf den Bahamas ansässigen Deltec Bank ist. Zu deren Kunden gehört der ebenfalls auf den Bahamas ansässige Hedgefonds Alameda Research, wiederum das Zweitunternehmen des FTX-Gründers Sam Bankman-Fried.  

Ein kontroverses Investment

Aus Unterlagen zum Insolvenzverfahren von FTX ging außerdem hervor, dass Alameda Research im März 2022 mit einem Investment von 11,5 Millionen US-Dollar zum Teilhaber bei FBH Corp, dem Mutterkonzern der Moonstone Bank, geworden ist. Ein bemerkenswerter Betrag für eine Bank mit nur drei Mitarbeitern und einem Nettovermögen von 5,7 Millionen Dollar. Zudem hatte die Farmington Bank jahrzehntelang stets Einlagen in Höhe von zehn Millionen Dollar ausgewiesen. Wie die New York Times berichtet, sind diese nach dem Einstieg von Alameda sprunghaft auf 84 Millionen Dollar gestiegen, 71 Millionen davon gehen auf nur vier Konten zurück.  

Kontrovers diskutiert wird auch, wie die Moonstone Bank eine Lizenz für das Federal Reserve System erhalten konnte. Eine Lizenz, die neben rechtlichen Vorteilen auch den Zugang zum SWIFT-Zahlungssystem ermöglicht. Branchenexperten zufolge hätte die Tatsache, dass die Bank nur ein Jahr zuvor von einem Offshore-Unternehmen im Krypto-Bereich gekauft wurde, ihre Zulassung ins Federal Reserve System verhindern müssen. US-Politiker wie die Senatorin Elizabeth Warren haben die Bankenaufsichtsbehörden seitdem dazu gedrängt, die Verbindungen zwischen dem Bankensektor und Krypto-Unternehmen wie bei FTX und der Moonstone Bank zu untersuchen. 

Absichten von FTX weiterhin offen 

Mittlerweile hat die Moonstone Bank selbst auf die Vorwürfe reagiert. In einem Statement wies das Kreditinstitut darauf hin, dass Alameda Research weniger als zehn Prozent der Anteile an der Muttergesellschaft hält, keine Sitze im Aufsichtsrat besitzt und nicht direkt an der Geschäftsführung beteiligt ist. Seit Oktober 2022 lassen sich auf der Webseite der Moonstone Bank auch keinerlei Erwähnungen von Blockchain oder Kryptowährung mehr finden.  

Was FTX tatsächlich zur Beteiligung an der Moonstone Bank bewogen hat und wie ihre weiteren Pläne aussahen, könnte auch nach dem Insolvenzverfahren des Krypto-Unternehmens offenbleiben. Denn die Milliardenunternehmen FTX und Alameda Research verfügten weder über interne Kontrollen noch eine korrekte Buchhaltung. Mitarbeiter reichten Zahlungsanträge über Chat-Plattformen wie Discord ein und ließen sie von Vorgesetzten mit personalisierten Emojis genehmigen. Der verantwortliche Insolvenzverwalter John Ray nannte die Zustände bei FTX und Alameda Research beispiellos schlecht und kommentierte, er habe in seiner Karriere noch nie ein derartiges Versagen erlebt. Und dieses Statement kommt von dem Mann, der die Enron-Pleite abgewickelt hat. 

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