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Sind Frauennetzwerke der Weg in die Chefetage?

Noch immer sind Frauen in den oberen Etagen unterrepräsentiert. Frauennetzwerke sollen nun helfen dieses Ungleichgewicht gerade zu rücken, doch was bringen sie und sind sie zeitgemäß?


In Frauennetzwerken können sich Frauen über Erfahrungen und Jobs austauschen. Qualität geht dabei vor Quantität.
Trotz einer Vielzahl an Bemühungen, finden sich nur wenige Frauen in den Führungsetagen von Banken.

Noch immer gibt es viel zu wenige Frauen in den Führungsetagen der Finanzbranche. Eine Studie des Forschungsinstituts DIW besagt, dass „die Differenz zwischen dem Anteil der berufstätigen Frauen an den Gesamtbeschäftigten und an den hohen Führungspositionen“ bei durchschnittlich 17 Prozentpunkten liegt. Dabei arbeiten laut Studie in der Bankenindustrie 48 Prozent weibliche Mitarbeiten. Wenn es so viele Frauen in der Finanzbrache gibt, warum erreichen dann so wenige die oberen Etagen?

Die Boston Consulting Group fand heraus, dass nicht nur 62 Prozent der deutschen Managerinnen mit der Frauenförderung unzufrieden sind, sondern auch 57 Prozent der männlichen Führungskräfte. Der Wunsch ist also da, doch wenn es weiter so schleppend läuft, dauert es dem Index 2019 der BCG zufolge noch fast neun Jahre, bis deutsche Aufsichtsräte zu gleichen Teilen aus Frauen und Männern bestehen. Ein Gleichgewicht in den Vorständen würde sogar noch 40 Jahre dauern.

Leistungen von Frauen werden weniger gewürdigt

Oft heißt es, dass der Preis der Karriere für Frauen zu hoch sei. Die „Ellbogen-Mentalität“ der Männer und die Vorurteile von Kollegen und Chefs schrecken ab. Auch in der Arbeitsweise von Frauen und Männern sind Unterschiede zu erkennen. Frauen zeigen gute Leistungen und kümmern sich vor allem um die inhaltlichen Umsetzungen. Engagement zeigen und anfallende Aufgaben gut erledigen – das müssen die Chefs doch sehen, oder? Immerhin sollte die Arbeitsleistung gewürdigt werden und damit auch der Aufstieg in höhere Positionen möglich sein.

Doch Frauen werden von ihren Chefs oft übersehen. Männer sind lauter, nehmen sich Zeit, sich selbst darzustellen und zu profilieren, auch wenn dadurch Zeit für die eigentliche Arbeit verloren geht. Das Stichwort lautet: Netzwerken. Viele Jobs werden gar nicht extern ausgeschrieben, sondern werden durch Kontakte vergeben. Mit ihren großen Netzwerken haben Männer daher einen Vorteil. Doch Frauen holen auch hier auf, denn es gibt immer mehr Frauennetzwerke.

Welche Frauennetzwerke gibt es?

Frauennetzwerke wie FidAR, Business and Professional Women (BPW) oder Fintech Ladies bieten Frauen die Möglichkeit, sich über Jobs, Tipps und Erfahrungen auszutauschen. Am besten funktioniert dieser Austausch, wenn erfahrene Frauen in Führungspositionen ihr Wissen teilen und karriereorientierten Talenten vermitteln, wie der Weg nach oben funktioniert.

FidAR

Gegründet wurde FidAR von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik. Ihr Ziel: den Anteil von Frauen in deutschen Aufsichtsräten erhöhen. Um das zu erreichen, fordert das Netzwerk eine gesetzliche Quote und verbindliche gesetzliche Regelungen, bis so viele Frauen wie Männer in Aufsichtsräten sitzen.

BPW

Das Frauennetzwerk BPW gibt es in über 100 Ländern. In Deutschland sind die BPW-Clubs in rund 40 Städten vertreten. Das Netzwerk bietet Clubabende und regelmäßige Vorträge zum Thema „Netzwerken“ an. 2008 etablierte das Netzwerk den Equal Pay Day.

Fintech Ladies

Das Frauennetzwerk Fintech Ladies hat den Hauptsitz in Berlin und Ausleger in Österreich, der Schweiz, Schweden und Belgien. Das Netzwerk bietet eine Community für Frauen, die in der Finanzbranche tätig sind und veranstaltet Events, Workshops oder auch das jährliche „Fintech Ladies Dinner“, um sich auszutauschen.

Es gibt noch viele weitere Netzwerke, die Frauen untereinander verbinden. Nicht alle gehören der Bankenbranche an oder setzen sich für Leitungspositionen ein. So gibt es zum Beispiel das Netzwerk MomPreneurs, eine Online-Community für Mütter in der Selbstständigkeit.

Frauen brauchen andere Netzwerke als Männer

Die Masse macht‘s? Während Männer oft riesige Netzwerke aufbauen, die sehr gut für sie funktionieren, benötigen Frauen eher kleinere Netzwerke, die aber besonders hochwertig vernetzt sind. Der Austausch sollte nicht nur über ein Forum oder eine Plattform laufen, sondern natürlich auch persönlich stattfinden. Denn wenn eine Frau in einer Führungsposition einen Job vergeben kann, wird sie in der Regel nur vertrauenswürdige Arbeitnehmerinnen dafür auswählen – und zwar am liebsten die, die sie persönlich kennt.

Sind Netzwerke von Frauen heutzutage noch notwendig?

Der Kampf um die Schließung der Gender-Gap ist in vollem Gange und auch die Lücke zwischen den Gehältern (Gender-Pay-Gap) ist dank des Entgelttransparenzgesetzes fassbar geworden, auch wenn bisher nur wenige die Möglichkeit zur Einsicht wahrnehmen. Ist es da überhaupt noch zeitgemäß, abgeschlossene Frauennetzwerke zu nutzen? Stärkt das nicht erst recht die Spaltung der Geschlechter?

Die Funktion, die Frauennetzwerke haben, ist trotz der Abgrenzung wertvoll. Denn Frauen können untereinander nicht nur Erfahrungen über das Topmanagement in der Finanzbranche austauschen, sondern sich auch gegenseitig dabei unterstützen, in einer Männerdomäne Durchsetzungsvermögen zu zeigen.

Egal, ob die Ausgrenzung von Frauen oder Männern in einem Netzwerk besteht – es ist längst an der Zeit das verstaubte Denken aufzugeben und gemeinsame Netzwerke entstehen zu lassen.

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