Von der Börse, den Banken und der Kunst

Kunst erfreut nicht nur das Auge und die Seele, sondern immer mehr auch das Herz der Anleger. Gerade in Zeiten der Niedrigzinsphase lohnt sich ein Blick auf Anlageprodukte, die auf den ersten Blick exotisch erscheinen mögen. Auf den zweiten Blick ergeben sich viele Ähnlichkeiten zur Börse. Die Überschrift in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vom…


Kunst erfreut nicht nur das Auge und die Seele, sondern immer mehr auch das Herz der Anleger. Gerade in Zeiten der Niedrigzinsphase lohnt sich ein Blick auf Anlageprodukte, die auf den ersten Blick exotisch erscheinen mögen. Auf den zweiten Blick ergeben sich viele Ähnlichkeiten zur Börse.

Die Überschrift in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vom 26. Januar 2015 überraschte: „Die Kunst schlägt den Dax“ war dort zu lesen. Und mit Blick auf die „Auktionssieger“ der letzten Jahre  hieß es dann im Text, ein Vergleich der Wertentwicklung dieser Künstler mit dem deutschen Börsenbarometer dürfte „manchen Aktienanhänger in Erstaunen versetzen“. Auch wenn man Werke eines Künstlers nicht mit Aktien eines Unternehmens gleichsetzen dürfe, schließlich sind Wertunterschiede im Portfolio eines Künstlers völlig normal, ist für uns aber folgende Feststellung interessant. Auch der Index für zeitgenössische Fotografie, also ein Durchschnittswert der 50 wichtigsten Künstler, hat den DAX im Betrachtungszeitraum seit 2004 geschlagen.
Rekordergebnisse bei Auktionen haben immer ein großes Medienecho. Jeder neue Auktionsrekord wird als eine Bestätigung für die Stärke des Kunstmarktes gefeiert. Das freilich verstellt den Blick auf das Wesentliche, auf den klassischen, weniger aufgeregten Handel abseits spektakulärer Auktionen.

Nicht jede Kunstauktion ist spektakulär

An den Börsen kommt es, wie jeder weiß, zu Übertreibungen, die zu vehementen Kursausschlägen führen. Auf eine Übertreibung folgt üblicherweise eine Korrektur. Die fällt in der Regel desto heftiger aus, je intensiver die Überbewertung vorher die Kurse angetrieben hat. So etwas kann auch im Bereich des Kunstmarkts passieren, zumal bei Auktionen, wenn der Zuschlag erst nach langem Bietergefecht erfolgt. Zu teuer einzukaufen, das mag vertretbar sein, wenn der Käufer aus Begeisterung für ein Bildmotiv zuschlägt. Zu teuer einzukaufen, ist dagegen schlecht, wenn im Fokus der Transaktion Kapitalsicherung und Rendite stehen.

Von DAX, MDAX, SDAX, A-, B- und C-Künstlern

Trotz berechtigter Einschränkung zur Vergleichbarkeit von Börse und Kunstmarkt haben beide doch einiges gemein. Der Deutsche Aktienindex vereint die Blue Chips des deutschen Aktienmarktes. Im Kunstmarkt stellen die sogenannten A-Künstler (schwergewichtige Namen mit global gehandelten und langfristig werthaltigen Werken) die Blue Chips dar.
Neben dem DAX existiert der MDAX. Überträgt man ihn auf die Kunst, kommen damit die B-Künstler ins Blickfeld, ebenfalls international etabliert, aber nicht mit dem Gewicht der A-Künstler. Nicht wenige werden letztlich den Sprung in den begehrten A-Status schaffen. Dabei gibt es einen wichtigen Unterschied zum Aktienmarkt. Der DAX ist bekanntlich auf 30 Unternehmen begrenzt. Ein aufgestiegenes Unternehmen verdrängt ein anderes. Gewinner und Verlierer halten sich so die Waage. Anders in der Kunst.
Der Fall vom A-Künstler zum B-Künstler kommt vor, ist aber eher unüblich. Dabei hilft der steigende Wohlstand in den Schwellenländern mit. Der schafft Raum für Künstler und Kunstrichtungen und bringt neue Sammler hervor. Die internationale Verschuldungsproblematik und die Hinwendung zu Sachwertinvestments tun ein Übriges.
Dem Kapitalmarkt wie dem Kunstmarkt geht es um die Sicherung von Kapital in Sachwerten und natürlich darüber hinaus um langfristigen Wertzuwachs – kurzatmige Spekulationen mal außen vor gelassen. Wer günstig einkauft, wird eher Kurssteigerungen zu erwarten haben als der Käufer am Ende einer Hausse.
Der SDAX sei bei unserer Analogie zwischen dem Aktien- und dem Kunstmarkt nicht vergessen. In der Kunst sind das in der Regel die C-Künstler. Die sind nicht so etabliert wie die A- oder B-Künstler, aber gerade deswegen verbunden mit einem enormen Zuwachspotenzial, sollte eine rasante Fortentwicklung stattfinden, wobei die treibenden Kräfte zuerkannte Kunstpreise sein können und Ankäufe durch wichtige Sammler oder Museen.

Die Deutsche Bank hat schon über 56.000 Werke

Dem nachhaltigen Wertzuwachs international etablierter Künstler trägt beispielsweise eine große deutsche Bank ganz massiv Rechnung. Die Deutsche Bank sammelt bereits seit 1979 Kunst und hat weltweit mittlerweile eine Sammlung von 56.000 Werken (!) zusammengetragen. Auch das Schlüsselunternehmen des deutschen Wertpapierhandels, die Gruppe Deutsche Börse, hat sich kurz vor der Jahrtausendwende in Kunst engagiert und seither eine Sammlung mit 1000 Werken aufgebaut. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht ohne Grund auf zeitgenössischer Fotografie. Damit nicht genug: In diesem Jahr jährt sich zum zehnten Mal die Verleihung des Photography Prize mit der Deutschen Börse als Titelsponsor. Nicht nur Banken wie etwa die DekaBank, die DZ Bank AG oder die Hypovereinsbank arbeiten mit Kunstsammlungen, auch Versicherungsunternehmen wie Ergo oder Axa sind hier engagiert.
Die Zinsen bleiben noch auf lange Sicht im Keller, während der Kunstmarkt boomt. Kunst bietet sich geradezu zur Renditesicherung an. Dennoch ist kaum ein Haus zu sehen, dass Art-Investment systematisch betreibt oder Produkte vertreibt, mit dem Ziel, weitere Investoren den Einstieg in die Kunst zu ermöglichen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Wollen hier möglicherweise gewisse Investorengruppen einfach unter sich bleiben?