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1905: Ein Mann revolutioniert den Bargeldverkehr

Geldautomaten finden sich heute fast an jeder Straßenecke. 1939 wurde der erste Vorläufer der heutigen Geräte in Betrieb genommen. Zu seinem Geburtstag haben wir uns das Leben und Wirken seines Erfinders angeschaut.


Simjian Bankograph Zeitreise

Der Bankograph, Vorläufer der heutigen Geldautomaten, geht auf den Armenier Luther Geroge Simjian zurück. Simjian wurde 1905 in Aintab in der heutigen Türkei geboren. Seine Mutter verstarb wenige Monate nach seiner Geburt und sein Vater, ein Versicherungsmakler, heiratete später erneut und bekam zwei Töchter. Die Patchworkfamilie lebte in Aintab bis zu Simjians neunten Lebensjahr, dann waren sie aufgrund des Völkermordes an den Armeniern gezwungen, das Land zu verlassen. 

Die Familie floh nach Syrien und kehrte dann 1920 in die Türkei zurück. Nachdem seine Stiefmutter und seine beiden Geschwister in der Stadt Maraş ums Leben kamen, wurde er von seiner Familie getrennt und floh im Alter von 15 Jahren alleine über Beirut und Frankreich in die USA. Hier lebte er zunächst bei seinem Onkel und arbeitete als Fotograf. 

Simjian strebte zunächst ein Medizinstudium an, gab diesen Plan aber wieder auf, als man ihm in der Medizinischen Fakultät der Universität Yale einen Posten als Direktor der neuen Fotografie-Abteilung anbot. Hier entwickelte er bereits die ersten seiner vielen Erfindungen, bis er 1934 nach New York City zog und Kurse an der Columbia belegte.

Skepsis der Banken

Simjian erfand unter anderem ein medizinisches Ultraschallgerät, die Photo-Reflex-Kamera (ein Vorläufer des heutigen Autofokus) und den Teleprompter. Seine innovativen Ideen vertrieb er in seinem dafür eigens gegründeten Unternehmen Reflectone. Seine bekannteste Erfindung dürfte aber der Bankograph sein, dessen Konzepte sich in Teilen auch heute noch in modernen Geldautomaten finden. Insgesamt beantragte er 20 Patente im Zusammenhang mit dieser Gerätschaft. 

Die Erfindung stieß zunächst auf große Skepsis, dabei war die Idee so einfach wie auch genial. Der Bankograph sollte Bargeld und Schecks zu jeder Zeit akzeptieren. Das widersprach allerdings der damals gängigen Praxis, Transaktionen über den Bankangestellten abzuwickeln. Man fürchtete, den Bezug zum Kunden zu verlieren. 1961 stellte er seine Erfindung in Zusammenarbeit mit der City Bank of New York, heute Citigroup Inc., der Öffentlichkeit vor. Das Kreditinstitut stellte seine Automaten in einigen ihrer Filialen auf – mit ernüchterndem Ergebnis. 

Das Interesse an den Geldautomaten war gering, nach Aussage seines Erfinders hätten nur Prostituierte und Glücksspieler das Gerät benutzt, um den Bankangestellten nicht persönlich unter die Augen treten zu müssen. Da sich mit den Automaten kein lukratives Geschäft aufbauen ließ, wurden sie nach nur sechs Monaten wieder aus den Filialen entfernt. 

Simjian Erfindung trägt Früchte

Doch auch wenn Luther George Simjians frühe Version scheiterte: der Siegeszug der Geldautomaten kam. So wurde etwa 1968 der erste Geldautomat in der Kreissparkasse Tübingen in Betrieb genommen und heute finden sich die Maschinen in vielen Filialen, öffentlichen Gebäuden und an Straßenecken.

Simjian verstarb am 23. Oktober 1997 im Alter von 92 Jahren in Fort Lauderdale, Florida. Auch wenn es Simjian vermied im Rampenlicht oder der Öffentlichkeit zu stehen, erhielt er für seine Erfindungen einige Auszeichnungen. 

Im Juni 1963 ernannte ihn das Science Digest Magazin zum Erfinder des Monats und 1978 bekam er den Eli Whitney Award der Connecticut Intellectual Property Law Association (CIPLA) als Anerkennung für seinen Beitrag zur Wissenschaft. Die wohl größte Ehrung erhielt Simjian nach seinem Tod, als man ihn 2019 in die Florida Inventors Hall of Fame aufnahm.

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