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1942: Ein Chef in der Krise 

Jean-Claude Trichet, von 2003 bis 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), wurde am 20. Dezember 1942 geboren. In dieser Funktion hatte er die wohl größte Krise des Finanzsystems zu meistern. Ein kurzes Resümee zu seinem Geburtstag.  


Jean-Claude Trichet, von 2003 bis 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank, wurde am 20. Dezember 1942 geboren. Ein kurzes Resümee zu seinem Geburtstag.  

Geboren wurde Jean-Claude Trichet am 20. Dezember 1942 in Lyon. Sein Vater war Universitätsdozent und verstarb als Trichet 16 Jahre alt war. Der spätere EZB-Präsident besuchte das Lycée Fénelon und das Lycée Condorcet in Paris und wechselte nach seinem Baccalauréat (vergleichbar mit dem Abitur) auf die École des Mines de Nancy, die er 1964 mit einem Diplom in Bergbauingenieurwesen abschloss. Danach absolvierte er einen Master in Ökonomie und erwarb einen weiteren Diplomabschluss in Politikwissenschaft. Von 1969 bis 1971 besuchte er die École nationale d’administration (ENA) in Straßburg, die dafür bekannt ist, die französische Verwaltungselite auszubilden.  

Nach seinem Abschluss war Trichet in der Wirtschaftsprüfung des Wirtschafts- und Finanzministeriums Frankreichs tätig. Hier durchlief er mehrere Stationen bis er 1978 sowohl zum Berater des Wirtschafts- und Finanzministers René Monory als auch zum Berater des damaligen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing im Bereich Industrie-, Energie- und Forschungspolitik ernannt wurde. Als d’Estaings Amtszeit auslief wechselte Trichet 1981 ins Schatzamt, in dem er bereits 1975 tätig war. 1987 übernahm er dessen Leitung, die er bis 1993 innehatte.  

Präsident vor Gründung

Noch vor der offiziellen Gründung der EZB galt Trichet  als Favorit für den Posten des Präsidenten. Jedoch ging die Position an Wim Duisenberg, der schon den “EZB-Vorläufer”, das Europäische Währungsinstitut (EWI) geleitet hatte. Allerdings trat Duisenberg die Präsidentschaft unter der Bedingung an, seine Amtszeit nicht voll auszuschöpfen und die Position 2003 an Trichet zu übergeben.   

Offiziell trat Jean-Claude Trichet das Amt am 1. November 2003 an. Während seiner Amtszeit war die EZB mit ihrer bis dato wohl größten Herausforderung konfrontiert – der Weltfinanzkrise der Jahre 2007 und 2008. Die Krise war unter anderem eine Folge der Blase im US-Immobilienmarkt und führte zu drastischen Zinsanstiegen. Eines ihrer ersten Opfer war die Deutsche Industriebank (IKB), die sich mit den US-Hypotheken verspekuliert hatte. Ihren Höhepunkt sollte die Krise mit dem Zusammenbruch der Großbank Lehman Brothers am 15. September 2008 erreichen. Banken waren während dieser Zeit auf die finanzielle Unterstützung der Staaten angewiesen.  

In Europa versuchte Trichet die Lage am Geldmarkt zu entspannen, indem er den Banken US-Dollar zur Verfügung stellte und dafür auf Euro lautende Wertpapiere als Sicherheit annahm. Insgesamt verlangten 50 Geschäftsbanken 95 Milliarden Euro zur Rettung ihrer Institute – Kapital, welches von Trichet zur Verfügung gestellt wurde.

Trichet heute

Trichet hat die Eurozone in dieser Zeit geprägt wie kein Zweiter. Auch über die Krise hinaus führte er die EZB, im Amt war er bis zum 31. Oktober 2011. Zu seinem Abschied, hob die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel die Arbeit Trichets besonders hervor. Er habe einen entscheidenden Anteil daran gehabt, dass der Euro eine stabile Währung geworden sei. Sein Nachfolger wurde der Whatever-it-takes-MannMario Draghi.  

Heute sitzt Jean-Claude Trichet nicht nur im Vorstand der G30, er ist seit April 2012 auch Vorsitzender des Verwaltungsrates des Brussels European and Global Economic Laboratory (BRUEGEL) sowie European Chairman der Trilateralen Kommission und Berater für den transatlantischen Think-Tank European Horizons.  

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