Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben: Was tun?

Nach dem Katastrophenjahr 2022 mit hohen Verlusten bei Aktien und Anleihen fällt die Inflation wieder und die Lage an den Finanzmärkten entspannt sich. Es gibt jedoch Argumente dafür, dass die Geldentwertung in Zukunft wieder anspringen könnte – mit ähnlichen Auswirkungen.


Die Geldpolitik beeinflusst die Inflationsentwicklung maßgeblich. Die Leitzinserhöhungen weltweit sorgen derzeit für eine Abkühlung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und für fallende Inflationsraten. Jedoch ist die weltweite Verschuldung immer noch sehr hoch, sodass mit jeder Leitzinserhöhung die Schuldentragfähigkeit der Wirtschaftsakteure sinkt – also der Staaten, der Unternehmen und der privaten Haushalte. Und damit steigen die Risiken für die Finanzmarktstabilität. Jüngstes Beispiel ist die Bankenkrise in den USA im ersten Quartal dieses Jahres: Die US-Notenbank und die Aufsichtsbehörden reagierten sofort mit einer unglaublich großen geldpolitischen und finanziellen Unterstützung der betroffenen Banken, um ein Szenario wie 2008 auch nicht ansatzweise noch einmal entstehen zu lassen.

In diesem Fall ließ sich eine Ausweitung der Bankenkrise geldpolitisch verhindern – nur mit Liquidität, ohne dass die US-Zentralbank den Leitzins senken musste. Bislang gab es also keinen direkten Zielkonflikt zwischen Inflationsbekämpfung und Finanzmarktstabilität. Denn idealerweise wird der Leitzins nur zur Inflationssteuerung eingesetzt und Liquiditätsmaßnahmen nur zur Gewährleistung der Finanzmarktstabilität. Die Trennung funktioniert in der Realität natürlich nicht perfekt, was sich derzeit auch beobachten lässt. So scheinen die Liquiditätsmaßnahmen zur Bankenrettung sogar einen positiven konjunkturellen Impuls in den USA geliefert zu haben.

Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass die großen Zentralbanken in Zukunft immer wieder in diesen Zielkonflikt geraten könnten. Ihre Aktionen bisher haben gezeigt, dass sie sich im Zweifel immer für die Finanzmarktstabilität entscheiden. Vor diesem Hintergrund rechnen wir mit einer hohen Schwankungsbreite der Inflation in den kommenden Jahren, da die Zentralbanken an ihren Inflationszielen festhalten und diese in Phasen ohne Finanzmarktturbulenzen auch anstreben werden.

Von der Disinflation zum strukturellen Inflationsdruck

Die Welt hat sich innerhalb kürzester Zeit grundsätzlich gewandelt. Bis zur Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im Jahr 2016 war sie gekennzeichnet von einer Hyperglobalisierung: Unternehmen bauten allein aus Effizienz- und Profitabilitätsgesichtspunkten internationale Produktionsstätten auf und organisierten globale Lieferketten. Die Folge war ein stark disinflationärer Trend. Seitdem haben, neben dem von Donald Trump initiierten Handelskrieg mit China, auch die Coronapandemie und der Krieg in der Ukraine die Anfälligkeiten und Instabilitäten der globalen Lieferketten offenbart.

Die Marktteilnehmer – Unternehmen und auch Staaten – legen nun einen stärkeren Fokus auf die nationale Sicherheit und auf besser diversifizierte Lieferketten, was mit höheren Kosten und Preisen einhergehen könnte. Darüber hinaus sorgen die demografischen Trends für eine anhaltende Knappheit an Arbeitskräften – mit dem Risiko eines immer wieder aufflackernden Lohndrucks. Auch zeigte sich in der Vergangenheit, dass Aufrüstungswettläufe und Kriege in der Tendenz inflationär wirken. Es gibt also viele strukturelle Faktoren, die für ein grundsätzlich verändertes Inflationsumfeld sprechen.

Inflationsperspektiven

Zyklisch befindet sich die Inflation also derzeit im Abwärtstrend, da sich die Weltwirtschaft infolge der restriktiven Geldpolitik abschwächt. Dabei ist es noch offen, ob eine weiche Landung gelingt oder doch eine Rezession die Folge sein wird. Nichtsdestotrotz lässt sich konstatieren, dass die großen Zentralbanken auf der geldpolitischen Bremse stehen. Sollte sich nun die Inflation im kommenden Jahr wieder den Zielwerten der Zentralbanken annähern – sei es in einer weichen Landung oder durch eine Rezession – besteht für die Zentralbanken wieder Spielraum, die Leitzinsen zu senken.

Die Zentralbanken würden somit von der Bremse gehen und aufs Gaspedal drücken. Aufgrund der genannten strukturellen Faktoren könnte dann 2025 die Inflation wieder anspringen und ein neuer Zyklus würde beginnen. Damit stellt sich die entscheidende Frage: Sind Anleger darauf gut vorbereitet?

Eine liquide Asset-Klasse als effektive Inflationsabsicherung

Was aber bietet einen effektiven Schutz vor Inflationsüberraschungen? Klassischerweise wird eine Beimischung von Rohstoffen wie Gold, inflationsindexierten Anleihen, Value-Aktien oder auch von Geldmarktinvestments empfohlen. 2022 bot die Probe aufs Exempel – aber die Bilanz fällt insgesamt eher ernüchternd aus: Am ehesten hätte eine Portfoliobeimischung von Rohstoffen einen positiven Performancebeitrag leisten und die Verluste bei den klassischen Finanzanlagen zumindest teilweise kompensieren können. Inflationsindexierte Staatsanleihen lieferten aufgrund ihrer Anlagendauer sogar einen negativen Ertrag. Im Vergleich zu nicht inflationsindexierten Staatsanleihen performten sie zwar besser, doch der Realzinsanstieg führte zu Verlusten, die insgesamt größer waren als die Gewinne durch den Inflationsanstieg.

Auch Value-Aktien und Geldmarktinvestments verzeichneten unterm Strich eine negative Performance und konnten damit bei einer Inflation im Hochpunkt von knapp zehn Prozent keinen Beitrag zum Erhalt der Kaufkraft leisten. Eine effektive Möglichkeit, sich gegen Inflationsschocks abzusichern, waren kurzlaufende Inflation-Swaps. Mit Hilfe dieser liquiden Derivate lässt sich die Entwicklung eines Portfolios direkt an die Inflationsüberraschungen koppeln, da die Inflation-Swaps schon die allgemeinen Inflationserwartungen eingepreist haben. Neben der Fähigkeit, effizient vor Inflationsüberraschungen zu schützen, zeigen kurzlaufende Inflation-Swaps in vielen Marktphasen zudem vorteilhafte Diversifikationseigenschaften gegenüber klassischen Asset-Klassen wie Aktien und Renten.

Ein weiterer Vorteil ist, dass Anleger ihre strategische Asset-Allokation und die damit verbundenen Ertragschancen beibehalten können. Anleger könnten zusätzlich ein Inflation-Swap-Overlay umsetzen – mit verbesserten Eigenschaften für das Gesamtportfolio. Inflation wirkt im Kern wie eine Steuer auf Ersparnisse. Daher ist es für Anleger naturgemäß sehr schwierig, sich der kalten Enteignung zu entziehen. Aufgrund der insgesamt hohen Verschuldung und anderer struktureller Faktoren besteht ein Risiko, dass die Inflation in den kommenden Jahren wieder ein Comeback feiert. Die Erfahrungen mit Inflation-Swaps beim Managen großer Portfolios für die betriebliche Altersvorsorge zeigen, dass diese durchaus eine effiziente Möglichkeit sein könnten, sich gegen Inflationsrisiken zu schützen.

Edgar Walk

Bankhaus Metzler

Edgar Walk ist Chefvolkswirt im Metzler Asset Management.

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