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Afrika: Finanzielle Inklusion 

Finanzielle Inklusion ist immer noch eine wichtige Aufgabe unserer Zeit. Besonders in Afrika fehlt es an Bankfilialen und dem Zugang zu Bargeld. Wie lässt sich diesem Problem begegnen?


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Wie bezahlen Menschen ohne Bankkonto in einer Region ohne Bankfilialen und Bargeld? Das ist kein Problem aus dem vorletzten Jahrhundert, sondern ein sehr konkretes Alltagsproblem für jeden zweiten Afrikaner. Und ein Problem für viele Menschen auf anderen Kontinenten mit Familie und Freunden in Afrika, wenn sie diesen finanzielle Unterstützung zukommen lassen wollen.

First Mover: Telekommunikationsunternehmen

Abhilfe schafft das Mobiltelefon. So wie viele Entwicklungsländer das Festnetz übersprungen haben und mobil ins Telekommunikationszeitalter gestartet sind, scheint jetzt auch das Finanzwesen eine Entwicklungsstufe zu überspringen. Die Nachfrage nach Finanz-Apps auf dem Kontinent ist riesig. Laut AppsFlyer, einem globalen Unternehmen für Marketing-Messungen, stieg die Zahl der Downloads in den letzten zwei Jahren weltweit um 132 Prozent (State of Finance App Marketing 2021 Report). Damit gehören Ägypten und Südafrika zu den am schnellsten wachsenden Märkten neben Hongkong, der Türkei und den USA. 

Beispiel Simbabwe: Hier ist Bargeld Mangelware, aber das mobile Zahlungssystem Ecocash schon fast Standard. Es fehlen Bankfilialen, Geldautomaten, Kassen und Kreditkarten. Aber fast jeder hat ein Mobiltelefon – weswegen der afrikanische Mobilfunkanbieter MTN, Vodafone und Orange in das Business eingestiegen sind. 

M-Pesa ist die Tochter von Vodafone und Safaricom. Beheimatet in Kenia ist das Unternehmen inzwischen im ganzen ostafrikanischen Markt unterwegs. Seit dem Start 2007 agiert M-Pesa inzwischen in sieben Ländern und hat 37 Millionen Nutzer für seine mobilen Zahlungen. Das Angebot soll auf Kredite und Online-Zahlungen ausgeweitet werden, schreibt die Deutsche Welle 

Aufbruchstimmung im Markt

Im Mai 2021  hat das Telekommunikationsunternehmen MTN South Africa eine Partnerschaft mit der International Finance Corporation (IFC) angekündigt. Das Mitglied der Weltbankgruppe bringt zwei Millionen US-Dollar in den Ausbau des Mobile Money-Geschäfts von MTN ein, genannt MoMo. MoMo baut ein Netzwerk von sogenannten Agenten auf, um Menschen ohne Bankkonto mit Geld zu versorgen. Rund 10.000 Mobile Money Agents wollen die Partner rekrutieren, um Finanzdienstleistungen in unterversorgte Gemeinden zu bringen.  

„Die IFC hat bereits mehrere andere Fintech-Unternehmen in Afrika mit Finanzierungen und Beratungsleistungen unterstützt. Diese Partnerschaft bietet die Möglichkeit, die digitale Kluft zu überbrücken und die finanzielle Inklusion in Südafrika zu erweitern, sagt Felix Kamenga, Chief Officer für Mobile Financial Services bei MTN South Africa. „Digitale Technologien helfen dabei, Unternehmen mit Kunden und Lieferanten zu verbinden und den Zugang zu Kredit- und Zahlungssystemen für Privatpersonen und kleine Unternehmen zu verbessern. Mobiles Geld ist ein perfektes Beispiel dafür und wird heute mehr denn je benötigt, um kleinen Unternehmen beim Wachstum zu helfen und Gemeinden zu erreichen, in denen der Zugang zu Finanzdienstleistungen gering ist“, ergänzt Adamou Labara, Country Manager der IFC für Südafrika. 

Neu am Start: Neobanken

Mit Krediten hat die Neobank Kuda großen Erfolg. CEO Babs Ogundeyi hat einen Traum: „Unsere Vision ist es, allen Afrikanern in Afrika und auch außerhalb davon zu dienen. Kuda verfügt über eine Mikrofinanz-Banklizenz und bietet einfache Überweisungen, Zahlungen, Kredite, Debitkarten und Gehaltskonten an. Kooperationen mit etablierten Banken sorgen dafür, dass auch Ein- und Auszahlungen von Bargeld möglich sind.  

Das Start-up wird von Valar Ventures unterstützt, die auch schon N26, TransferWise und Stash finanzierten. Nach dem Vorbild der Nubank in Brasilien verdient auch Kuda über die Kredite Geld und lässt das Konto kostenlos. Nubank wurde so in einem Markt mit ähnlichen Voraussetzungen die größte und erfolgreichste Neobank der Welt.  

Noch ist Kuda nur in Nigeria aktiv, aber die Expansion ist fester Bestandteil von Ogundeyis Vision. Kuda hat außer in Lagos noch ein Büro in London. Dieses Standbein in einem entwickelten Markt dürfte sich positiv auswirken, wenn es um die monetären Beziehungen der Exil-Afrikaner mit ihren Familien geht. Geldtransfer ist eine enorm wichtige Finanzdienstleistung für die große nigerianische Diaspora in Großbritannien. 

Und die Banken?

Rund 57 Prozent der Bevölkerung Afrikas, etwa 95 Milliarden Menschen, haben kein traditionelles Bankkonto. Internationale Banken spielen in Afrika eine untergeordnete Rolle. Von den deutschen Geschäftsbanken betreiben nur die Commerzbank und die Deutsche Bank sogenannte Repräsentanzen, die aber kein Retailgeschäft anbieten. Société Générale und BNP Paribas sind im frankofonen Afrika aktiv, die britische Standard Chartered sowie die Citibank aus den USA mischen auch mit – allerdings auch eher im B2B-Geschäft und nicht flächendeckend.  

Afrikanische Banken dominieren. International handlungsfähig sind die meisten nicht, zu hoch sind die Kreditausfälle und zu gering das Devisenportfolio. Südafrikanische, ägyptische und marokkanische Häuser geben den Ton an, etwa die Standard Bank Group, eine Tochter der British Standard Bank. Sie bietet das komplette Produktportfolio an und ist in insgesamt 30 Ländern vertreten – 17 davon in Afrika. Die nach ihr zweitgrößte Bank des Kontinents ist die Absa, eine Tochter von Barclays. Auf den Plätzen drei bis fünf folgen die Firstrand Bank, die National Bank of Egypt und die Nedbank Group.   

Der Markt ist riesig

Die Boston Consulting Group (BCG) schätzt den potenziellen Markt für Banken allein in der Subsahara-Region auf 500 Milliarden US-Dollar, fast alles davon in Form von Person-to-Person-Zahlungen. Für eine breite Palette von Bankkunden könnte der mobile Zahlungsverkehr den Zugang zu vielen neuen Produkten und Dienstleistungen ermöglichen, wie etwa die Energie und Gesundheitsversorgung, qualitativ hochwertige Bildung und sogar Transportdienste im Stil von Mitfahrgelegenheiten. Sie könnten auch viele Kunden anziehen, die derzeit kein Bankkonto haben   und für die mobilfunkbasierte Lösungen und Zahlungsplattformen die Tür zu einer viel besseren Lebensweise öffnen.  

Allerdings ist die Konkurrenz durch Neobanken und Telekommunikationsunternehmen groß. BCG schätzt: In vielen Märkten könnten führende Retail-Banken 20 Prozent oder mehr des Marktes für mobile Geldbörsen erobern, wenn sie die richtigen Investitionen tätigen und ihre Angebote strategisch gestalten.  

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