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Schöne Scheine: Neue Identifikationsfiguren für die Europäische Union?

Egal wie sehr man sich auch bemüht, ist nicht immer ist man bei überall und bei jedem beliebt. Und natürlich heißt schöner nicht zwingend beliebter, aber manchmal kann man seinen Look doch noch ein bisschen auffrischen. Dann klappt es vielleicht auch wieder bei den Bargeldmuffeln.  


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Nach 20 Jahren wünscht man sich manchmal einfach einen Tapetenwechsel. Das scheint auch die Europäische Zentralbank (EZB) so zu sehen. Satt gesehen hat sie sich offenbar an ihren eigenen Banknoten. Die seit 2002 gültigen Euro-Scheine sollen einen neuen Look bekommen. The Look of Love? Vielleicht. Denn dieses Mal wird das Aussehen nicht „von oben“ vorgegeben, sondern soll „aus dem Volk“ heraus entschieden werden. Die Hoffnung: Mehr Identifikation. 

Aktuell zieren fiktive und fantastische Bauwerke in Form von Fenstern, Toren und Brücken die Banknoten. Damals eine bewusste Entscheidung. Man wollte keinen EU-Mitgliedsstaat mit der Auswahl von realen Gebäuden oder Wahrzeichen verärgern. Stattdessen entschied man sich für generische Architekturen, die jeweils symbolisch für eine europäische Kunstepoche stehen.  

Fiktiv oder real – schön anzusehen sind die Scheine. Zugegeben, vielleicht nicht mehr ganz so modern. Auch das letzte, dabei allerdings nur farbliche, Update hat daran offenbar nichts geändert. „Nach 20 Jahren ist es an der Zeit die Gestaltung unserer Banknoten unter die Lupe zu nehmen, und sie so zu gestalten, dass sich Europäerinnen und Europäer unabhängig von Alter oder Hintergrund besser mit ihnen identifizieren können“, sagt EZB-Präsidentin Christine Lagarde. 

Digital oder real: Eine Frage der Optik?

Die Umgestaltung hat also nicht nur optische Gründe. Es wirkt ein wenig so, als hege die Zentralbank die Hoffnung, die Beliebtheit des Bargelds durch die Modernisierung ein bisschen zu steigern. Deutlich wird dies auch an folgender Aussage von EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta: „Wir wollen Euro-Banknoten entwickeln, mit denen sich die Bürgerinnen und Bürger in Europa identifizieren können und die sie mit Stolz verwenden.“ Stimmt, aktuell verwenden viele Bürger das Bargeld nicht im Stolz – denn einige verwenden es gar nicht (mehr).  

Seit Jahren ist eine Abwärtsbewegung für das Bargeld erkennbar. Und seit Corona erst recht. In der Pandemie zahlt man eher kontaktlos und mit Karte als bar auf die Kralle. Laut Bundesbank-Studien sank der Anteil der Barzahlungen an sämtlichen Transaktionen an der Ladenkasse, in der Freizeit und bei anderen Zahlungsanlässen zwischen 2017 und 2020 um 14 Prozent.  

Ein weiteres wichtiges Stichwort kommt von der EZB selbst. Dazu noch einmal Panetta: „Der Prozess zur Neugestaltung der Euro-Banknoten verläuft parallel zu unserer Untersuchungsphase zum digitalen Euro. Mit beiden Projekten wollen wir unser Mandat erfüllen, den Europäerinnen und Europäern sicheres Geld bereitzustellen.“  

Wenn das digitale Zentralbankgeld dann kommt, sollen die Scheine in puncto Modernität nicht hintenüberfallen. Die Aussage der EZB: Schaut her, wir haben das Bargeld über die Diskussionen zum digitalen Euro nicht vergessen. Das reale Geld sei weiterhin relevant und die Nachfrage weiterhin groß. Dazu Lagarde: „Euro-Banknoten werden auch in Zukunft eine Rolle spielen. Sie sind ein greifbares und sichtbares Symbol für den Zusammenhalt in Europa, insbesondere in Krisenzeiten.“ 

Euro-Banknoten – Wie sieht’s aus?

Damit dieser Symbolcharakter respektive das Identifikationspotenzial der Banknoten auch bestmöglich bei den Bürgern ankommt, sollen diese in den Auswahlprozess eingebunden werden. Und was für ein Prozess das ist: Zunächst sollen Fokusgruppen Meinungen von Menschen im gesamten Euroraum zu Themen für die Euro-Banknoten einholen. Dann wird eine Themenberatungsgruppe mit jeweils einem Experten aus jedem Land des Euroraums dem EZB-Rat eine Themenauswahl vorschlagen. Aus Deutschland ist das Lisa Borgenheimer, Professorin für Informationsdesign. Im Nachgang möchte die Zentralbank die öffentliche Meinung zu diesen Vorschlägen einholen und einen Design-Wettbewerb zu den neuen Banknoten starten. 

Die finale Entscheidung zum neuen Look der Scheinchen obliegt allerdings dem EZB-Rat. Getroffen werden soll diese 2024. Und bis die aufgepeppten Banknoten dann tatsächlich in den Händen derer landen, die mitentschieden haben, kann auch noch Zeit ins Land gehen.  

In der Zwischenzeit kann man sich ja schon einmal von den alten Scheinen verabschieden. Manch einem mögen sie vielleicht dann auch fehlen. Sie sind ein Stück Historie und ein Stück Europa – auch im wahrsten Sinne des Wortes. Denn in der niederländischen Stadt Spijkenisse lassen sich die Banknoten-Bauwerke alle finden. Nachgebaut wurden sie vom Designer Robin Stam. Bleibt die Frage: Müssen die Holländer dann jetzt ihr Städtchen umbauen? 

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