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Verdi erobert Deutsche Bank

Um den schleichenden Stellenabbau entgegenzuwirken, baut Verdi seinen Einfluss auf das Geldinstitut systematisch auf. Banker sehen dieser Veränderung freudig entgegen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi entwickelt sich zum mächtigsten Gegenspieler der Deutschen Bank. Wie die Financial Times Deutschland in ihrer letzten Freitagsausgabe des Monats August schreibt, hat Gewerkschaftsvorsitzender Frank Bsirske sich zum Ziel gesetzt spätestens zu den…


Um den schleichenden Stellenabbau entgegenzuwirken, baut Verdi seinen Einfluss auf das Geldinstitut systematisch auf. Banker sehen dieser Veränderung freudig entgegen.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi entwickelt sich zum mächtigsten Gegenspieler der Deutschen Bank. Wie die Financial Times Deutschland in ihrer letzten Freitagsausgabe des Monats August schreibt, hat Gewerkschaftsvorsitzender Frank Bsirske sich zum Ziel gesetzt spätestens zu den Aufsichtsratswahlen 2013 vier der sechs Arbeitnehmersitze im Aufsichtsrat der Deutschen Bank zu besetzen. Vor allem will er selbst ins Kontrollgremium einziehen. Seit 2010 ist Bsirske bereits Mitglied des Aufsichtsrats der Konzerntochter Postbank. Der gute Draht, den er zu Deutsche-Bank-Chefaufseher Paul Achleitner hat, ist ein weiterer hilfreicher Faktor, um ein mächtiger Gegenspieler gegen die Doppelspitze Jain-Fitschen zu werden.

Verdis Machtzuwachs innerhalb des Konzerns könnte den Deutsche Bank Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen gehörig die Suppe versalzen. Sie werden Schwierigkeiten haben, den Konzern nach ihren Wünschen zu gestalten. Der geplante Stellenabbau, wie momentan geplant wird, könnte erschwert werden. Bekannt ist, dass 1900 Mitarbeiter gehen müssen, davon 1500 aus dem Bereich Investmentbanking.

Gegen die Maßnahmen im Kapitalgeschäft hat Verdi wenig einzuwenden. Allerdings ist voraussehbar, dass Banken hauptsächlich im Filialnetz Stellen abbauen werden. Nach dem Willen der Aufsichtsbehörden müssen Banken ihre Kapitalbasis stärken, das geht am einfachsten durch Einsparungen an der Belegschaft. Hier wird Verdi letztendlich eingreifen.

Die Arbeitnehmervertreter haben gute Chancen, ihren Einfluss auf das größte deutsche Geldhaus auszubauen. Noch ist der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder sehr gering. So gering, dass die Gewerkschaft vermeiden diesen zu nennen. Vermutlich liegt er unter 10 Prozent. Erfolgreicher sind sie bei der Postbank. Seit der vollständigen Übernahme gehören die 19.000 Mitarbeiter des Instituts zur Deutschen Bank Gruppe. 70 Prozent sind bereits Gewerkschaftsmitglieder.

Mittlerweile erkennen jedoch immer mehr Mitarbeiter der Deutschen Bank die Vorteile, einer Gewerkschaft anzugehören. Dies teilte ein Banker kürzlich der FTD mit. Insgesamt will Verdi in den vergangenen Monaten mehr als 1.200 neue Mitglieder bei Postbank und Deutscher Bank rekrutiert haben. Noch vor wenigen Jahren waren Banker kaum interessiert an einer solchen Mitgliedschaft. Wozu auch? Den Kollegen ging es gut. Geregelte Arbeitszeiten, stetige Lohnzuwächse und keine Leiharbeit! Doch mit Einzug der Krisen und andauernden Finanzmarktproblemen müssen Banker um ihren Job bangen. Bisher erfolgte der Stellenabbau schleichend, doch unter dem Regulierungs- und Rationalisierungsdruck werden künftig immer mehr Filialmitarbeiter betroffen sein. Verdi will gegen betriebsbedingte Kündigungen lautstarken Protest einlegen. Tatsächlich ist der Mitgliederzuwachs der Banker durch den Stellenabbau bei Banken ein großer Vorteil für Verdi. Seit langem sinken die Mitgliederzahlen. Mit einem Einzug in das Finanzinstitut könnte man diese Entwicklung abwenden und Verdi neu positionieren. Bsirske würde außerdem mit einem Aufsichtsratsmandat beim Geldinstitut stark an Einfluss gewinnen. Des einen Leid ist des anderen Freud.

Foto von Frank Bsirske von Verdi – www.verdi.de