Ziele und Schlüsselergebnisse – Hype oder Wunderwaffe?

Deutsche Medien bezeichnen sie als Wunderwaffe und immer mehr Finanzunternehmen entdecken sie für sich: Objectives and Key Results (OKR). Was dahinter steckt und worauf es zu achten gilt, erläutert Timm Schelte von der UmweltBank.


OKR

Im Austausch mit Personen, die noch keine Berührungspunkte mit der Objectives and Key Results (OKR)-Methode hatten, fällt häufig der Satz: „Das ist doch nichts Neues“. Und diese Leute haben recht. Letztlich basiert die OKR-Methode auf dem Management by Objectives, welche bereits 1954 vom US-amerikanischen Ökonomen Peter Drucker beschrieben wurde.

Zudem finden sich darin Erkenntnisse aus der Zielsetzungstheorie, wonach schwierige und zugleich spezifische Ziele zu höherer Leistung führen, wieder. Auch wenn Andrew Grove, der ehemalige CEO von Intel, als „Vater der Methode“ bezeichnet wird, erhob dieser nicht den Anspruch, ein neues Managementinstrument geschaffen zu haben. Ob nun neu oder nicht – die Sinnhaftigkeit der damit verbundenen Prinzipien lässt sich nicht abstreiten.

Strategieumsetzung in kurzen Zeitspannen

Die eine OKR-Methode gibt es nicht. Vielmehr bedingt der Kontext deren Anwendung. Zwischenzeitlich haben sich zahlreiche Publikationen dem Thema gewidmet. Ihnen gemein sind Zeiträume von wenigen Monaten, innerhalb derer sich die beteiligten Einheiten auf wenige Objectives und Key Results fokussieren, die einen Beitrag zur Unternehmensstrategie leisten.

Dabei stehen Objectives für Ziele, die es innerhalb eines OKR-Zyklus zu erreichen gilt. Die Zielerreichung wird über die darunterliegenden Key Results gemessen, die den verantwortlichen Organisationseinheiten eine regelmäßige Fortschrittskontrolle ermöglichen. So können die Verantwortlichen bei Planabweichungen zeitnah reagieren.

„Ein Telefon-Service, der unsere Kunden begeistert“ ist ein Beispiel für ein Objective. Die „Reduktion der Wartezeit auf unter 10 Sekunden“ könnte eines der dazugehörigen Key Results darstellen.

Individuelle OKRs sind möglich, jedoch endet die Zielsetzung mit zunehmender Unternehmensgröße häufig auf der Teamebene. Unternehmen, die dieses Managementinstrument anwenden, betrachten Mitarbeiter als Fachleute ihres Aufgabenbereichs. Daher spielen diese eine tragende Rolle bei der Formulierung der OKRs.

Als Orientierung dienen dabei die Ziele übergeordneter Hierarchieebenen oder die Unternehmensziele. Damit kann nicht nur ein höheres Strategieverständnis, sondern auch ein Bewusstsein für den eigenen Beitrag im Unternehmen geschaffen werden. Während Team und Führungskräfte die Ziele gemeinsam ausarbeiten, liegt der Weg zur Zielerreichung in den Händen der Mitarbeiter.

Ein typischer OKR-Zyklus sieht wie folgt aus: Am Anfang steht die Planung der OKRs für die kommenden Monate. In regelmäßigen Treffen reflektiert das Team die Fortschritte und plant anstehende Maßnahmen. Den Abschluss bilden zwei Formate, die häufig als „Review“ und „Retro“ bezeichnet werden.

Gegenstand der „Review“ ist die Beurteilung der Zielerreichung. Wichtig ist dabei, dass die Ergebnisse in erster Linie der Selbstkontrolle und dem Lernfortschritt dienen und nicht als alleiniges Instrument zur Leistungsbeurteilung von Einzelnen herangezogen werden sollten. Die „Retro“ hingegen richtet den Blick auf das Miteinander im Team und die Umsetzung des OKR-Prozesses. Beide Formate betrachten die Vergangenheit, um daraus Veränderungspotentiale für die Zukunft abzuleiten.

Das bringt die OKR-Methode

Die Ausrichtung der Organisation auf gemeinsame Ziele wirkt Silostrukturen entgegen. Hier kommt ein weiterer Aspekt zum Tragen: Die Objectives und Key Results, von einzelnen Teams bis hin zum Gesamtunternehmen, sollten möglichst transparent sein. Umsetzen lässt sich dies durch Informationsveranstaltungen oder Veröffentlichung im Intranet. Im Ergebnis steht ein Anstieg der bereichsübergreifenden Kommunikation und Zusammenarbeit.

Alle Bereiche eines Unternehmens sind für die Anwendung der Methode geeignet. Auf den ersten Blick liegt der größte Nutzen in Abteilungen oder Teams mit projekthaften Tätigkeiten. Doch lohnt es sich auch für jene Einheiten mit regelmäßig wiederkehrenden Tätigkeiten, Ziele zur Weiterentwicklung zu stecken. So können auch dort Prozesse verbessert und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Unabhängig von den direkt sichtbaren Ergebnissen, gibt der OKR-Prozess Struktur und fördert Teamarbeit.

Die Übertragung von Verantwortung auf Mitarbeiter sollte differenziert betrachtet werden. Auf viele Personen hat die Möglichkeit der Mitgestaltung eine motivationsfördernde Wirkung.
Auch kann dadurch eine höhere Verbundenheit mit den Unternehmenszielen erreicht werden.

Allerdings darf nicht vernachlässigt werden, dass dies durch andere Individuen als Belastung wahrgenommen werden kann. Nicht nur für Mitarbeiter, sondern auch für Führungskräfte kann die Übertragung von Verantwortung eine Herausforderung darstellen.

Entscheidende Erfolgsfaktoren

Hinter einer erfolgreichen Implementierung steht häufig ein von der Methode überzeugtes Topmanagement, das bereit ist, anfängliche Widerstände, die in einem Veränderungsprozess üblich sind, auszuhalten. In diesem Zusammenhang entscheidend ist ein Ziel hinter der Implementierung, das es zu kommunizieren gilt.

Der zentrale Erfolgsfaktor ist ein Moderationsteam mit ausreichend zeitlichen Ressourcen, das den OKR-Prozess implementiert, dauerhaft begleitet und weiterentwickelt. Bewährt hat sich der Ansatz, diese Rolle an motivierte Personen aus unterschiedlichen Bereichen zu übertragen, die diese neben ihrer eigentlichen Tätigkeit ausüben.

Unternehmen, die vor der Entscheidung stehen die OKR-Methode einzuführen, sollten bedenken, dass diese auf kurzfristige Sicht sogar einen Mehraufwand bedeutet. Haben sich die neuen Strukturen jedoch etabliert, wird der Nutzen spürbar.

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