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Afrikanische Fintechs: Herausforderndes Investment (Teil II)

Die Aussichten der afrikanischen Fintech-Branche sind vielversprechend. Eine steigende Zahl an Unternehmen feiert ihren Durchbruch und beschert Investoren positive Bilanzen. Doch gibt es einen Haken an der Erfolgsgeschichte?


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Die afrikanische Finanzbranche befindet sich im Umbruch. Auf digitalen Wegen füllen Start-ups Lücken, die von konventionellen Banken hinterlassen wurden: von Neobanken, die auf Präsenz verzichten, Zahlungsdienstleistern, die Mobile Payment in entlegene Gegenden bringen, bis hin zu Krypto-Händlern, die Wachstum befördern. Eine Vielzahl an Fintechs ist Treiber einer Entwicklung hin zu mehr finanzieller Teilhabe, von der Afrika und internationale Investoren gleichermaßen profitieren. 

Dieser Prozess findet natürlich nicht im Vakuum statt, sondern in einem Spannungsfeld aus regulatorischen, politischen und professionellen Herausforderungen. Je nach Blickrichtung ergeben sich daraus unterschiedliche Problemstellungen, welche die Sicherheit eines Investments beeinträchtigen können. 

Regulatorischer Rahmen 

Aus Sicht der Investoren ist der jeweilige Nationalstaat entscheidender Bezugsrahmen. Er erfüllt zwei zentrale Funktionen, die in Summe bestimmen, wie fair und berechenbar der Wettbewerb im lokalen Markt gestaltet ist. Zum einen setzt die Legislative fest, welche Regeln gelten. Zum anderen ist die Exekutive als Kontroll- beziehungsweise Sanktionsinstanz für deren Überwachung verantwortlich. 

Grundsätzlich ist der Standort Afrika im Vergleich zu Europa oder Nordamerika unterreguliert. Die Anzahl der geltenden Regeln ist hier deutlich geringer als an anderen Standorten. Auf der einen Seite gibt das Fintech-Unternehmen mehr Freiraum für Innovation. Auf der anderen Seite erhöht der Mangel an Regulierung die Unwägbarkeiten für Wettbewerber und Investoren. Konkret spiegelt sich das in der Datensicherheit oder dem Kreditausfallrisiko wider. In Kenia etwa hat ein Fünftel der Kreditnehmer von Neobanken Rückzahlungsprobleme. Das entspricht dem doppelten Ausfallrisiko regulärer Banken. 

Mit Innovation Hubs oder regulatorischen Sandboxes ließen sich einige Defizite beheben und Risiken minimieren. Allerdings sind sowohl die Kosten als auch der Verwaltungsaufwand hoch. Und solange sich keine trans- oder internationalen Zusammenschlüsse finden, die solche Vorhaben fördern, bleibt die Umsetzung in aller Regel unrealistisch. Ferner wirken sich politische Konflikte wie zuletzt die Konfrontation zwischen Mali und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) negativ auf die Kooperationsbereitschaft aus. 

Primat der Politik 

Doch auch die Einhaltung bestehender Regeln ist keine Selbstverständlichkeit. Fallen Kontrollen zu lasch aus, können sich kriminelle Akteure besser etablieren und werden seltener geschnappt. In der Folge entsteht häufig ein doppelter Schaden, wie sich am Beispiel zwei südafrikanischer Krypto-Händler veranschaulichen lässt. 

Die beiden Betreiber der Handelsplattform Africrypt inszenierten 2021 einen Hackerangriff, in dessen Schatten sie ihre Anleger um 70.000 Bitcoins erleichterten. Auf diese Weise erbeuteten sie nicht nur mehrere Milliarden Dollar, sondern sorgten weltweit für Schlagzeilen. Neben dem finanziellen Verlust für die Anleger entstand so für den Standort Südafrika ein bleibender Image-Schaden. 

In vielen Ländern Afrikas fehlt zudem eine zentrale Komponente, die im europäischen und amerikanischen Raum nicht wegzudenken ist: Rechtssicherheit. Das Primat der Politik hat hier eine andere Gültigkeit. Im Zweifel werden Regierungsinteressen durchgesetzt, ohne dass Einwände der Wirtschaft eine Berücksichtigung finden. 

Die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, ist ebenso wenig garantiert wie der Anspruch auf Entschädigungen. Das gilt für Start-ups und Fintechs ebenso wie für namhafte Tech-Riesen. Der Kurznachrichtendienst Twitter etwa blieb in Nigeria über einen Zeitraum von sieben Monaten deaktiviert, auf Basis einer Verordnung der Regierung. 

Professionalisierung als Prozess 

In Kombination mit den genannten Risikofaktoren erscheinen kleinere Start-ups, die ausschließlich an einem Standort aktiv sind, als wenig attraktive Anlage. Interessenten müssen damit rechnen, dass ihre Investitionen zur potentiellen Abschreibung werden. Die Konzentration der Einzelinvestitionen ist ein starker Indikator für diesen Zusammenhang: Einerseits fiel die Summe aller Investitionsabkommen im Jahr 2021 mit 820 weiterhin gering aus. Andererseits verteilte sich die Hälfte des gesamten Investitionsvolumens der Branche auf gerade einmal 14 Megadeals. 

Gleichwohl trägt der Mangel an Know-how innerhalb der afrikanischen Start-up-Szene seinen Teil zur Finanzierungslücke bei. Early Stage Ventures scheitern häufig daran, Schlüsselinformationen zu ihrem Unternehmen, Businesspläne oder Prognosen bereitzustellen. Investoren sind so von vornherein abgeschreckt. In dieser Hinsicht ist mit einer Zunahme an Professionalität zu rechnen. Sowohl aufstrebende Neobanken als auch die sich etablierenden Payment-Platzhirsche haben ein Interesse daran, ihr Wissen zum eigenen Vorteil zu teilen. 

Eine weniger beachtete Herausforderung in diesem Prozess stellt der War for Talents dar. Infolge internationaler Aufmerksamkeit ergreifen afrikanische Unternehmer und Arbeitnehmer der Fintech-Branche ihre Chance, um in wohlhabendere Länder auszuwandern. Hier gegenzusteuern ist nicht leicht. Entsprechend früh setzt daher die Personalsuche an. Recruiting an Schulen ist mittlerweile nichts Ungewöhnliches mehr. 

Abschließend bleibt zu konstatieren, dass der Standort Afrika keinen Haken im eigentlichen Sinne hat. Dort ansässige Fintechs kämpfen genauso wie ihre internationalen Wettbewerber um Marktanteile und Investments. Allerdings sollten Investoren mit Blick auf die Gewinnpotenziale Besonderheiten des Kontinents samt seiner Ausfallrisiken nicht übersehen. 

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