„Es bedarf eines zentralen Kommunikationskonzepts“

Im 21. Jahrhundert leben und arbeiten wir in einer digitalen Welt. Allerdings bedienen wir uns nur allzu oft analoger Strukturen. Auf dem Fachkongress FRAUDMANAGEMENTforBANKS äußerte sich Martin Suter von der Assentis Technologies AG zu den Möglichkeiten digitaler Kommunikation in Geldhäusern.


Martin Suter (links) leitet den Bereich des Product Managements und betreut die Presales-Aktivitäten der Assentis Technologies AG. Vor dieser Tätigkeit war er Deputy Head im Professional Services Team und begleitete verschiedene Schlüsselprojekte als Senior Consultant und Projektmanager. Bevor er zu Assentis kam, leitete der Diplom-Ingenieur ein eigenes Start-up-Unternehmen im Bereich Web Design und E-Commerce.

BANKINGNEWS: Der Fokus von Assentis ist Kommunikation. In Zeiten der Digitalen Transformation verwenden einige mittlerweile den Begriff „Digitale Kommunikation“. Hat die Finanzbranche diese Art der Kommunikation verstanden?

Martin Suter: Ja, das Thema wird durchaus wahrgenommen. Wichtig ist vor allem die Mehrkanalfähigkeit auf den digitalen Kanälen, sei das E-Mail, PDF oder Social Media. Konsistenz gehört aber auch dazu, also die homogene Welt zwischen analoger oder eben digitaler Kommunikation. Zudem steigt die Informationsmenge bei der digitalen Kommunikation. Man kann mehr übertragen und viel flexibler und dynamischer reagieren.

Aber was ist die Lösung?

Es geht darum, die Silo-Denkweise auf Kommunikationsebene aufzubrechen. Zurzeit sieht man eher eine heterogene Welt, und jede Lösung ist für sich erstellt worden. Diesen Mangel kann man mit einer zentralen Kommunikationsplattform beheben.

Banken haben heute die Qual der Wahl, da es viele Lösungsansätze gibt. Wo legen Sie den Schwerpunkt Ihrer Arbeit?

Wir bieten eine zentrale Kommunikationsplattform an und haben einen starken Fokus auf Finanzinstitute. Es ist nicht zielführend, wenn man Plattformen einführt, die versuchen, global sämtliche Industrien abzudecken. Es geht darum, flexible und individuell anpassbare Lösungen einzuführen, die mit Altsystemen umgehen können. Das bieten wir an. Des Weiteren wird die Plattform durch den Fachbereich selbst gepflegt. Es sollte nicht extra eine Kommunikationsbrücke zwischen Fachbereich und IT existieren, um überhaupt die Kommunikationskanäle zu bedienen. Als letzten Punkt sind die Automatismen hinter der Kommunikation wichtig. Eine schöne, heile Welt wäre: Jeder Kunde hat seinen Ansprechpartner, den man jederzeit anrufen kann. Das funktioniert in der heutigen Welt nicht. Man kann diese Individualisierung möglichst automatisieren, damit wir den entsprechenden Informationsaustausch gewährleisten können.

Schrecken Banken hiervor zurück, weil derartige Umstrukturierungen auch das Tagesgeschäft beeinflussen?

Bestimmt. Der Fokus liegt natürlich auf dem Tagesgeschäft. Man braucht einen Weg, um parallel und agil diese Teile hinzuzufügen. Diesen agilen Prozess sollte man leben; er ist sowohl für die Bank als auch für den Integrator wichtig.

Sie als Integrator: Würden Sie ein Ziel formulieren, dass Sie für die Bankbranche haben?

Eine konsistente Kommunikation über sämtliche Kanäle, das ist unser Ziel, sodass Banken die Kundenbedürfnisse auch decken und alle Kommunikationskanäle bedienen können. In Bezug auf Homogenität ist es sehr wichtig, dass der Informationsaustausch unabhängig geschieht. Der Switch zwischen den Kanälen muss nahtlos sein. Hier unterstützen wir Banken, eine einheitliche Kommunikationsplattform zu bilden.

Wo sehen Sie generell Probleme, wenn es um die Implementierung neuer Software geht? Kritiker sagen, dass Kreditinstitute ihre außerordentliche Situation – man verkauft nun mal keine Anzüge von der Stange – als Vorwand dafür nehmen, dringende Überholungen der IT-Infrastruktur hinauszuzögern. Stichwort: Modularität der IT-Komponenten in Europa.

Grundsätzlich – Sie haben gerade das Stichwort Modularität gebracht – bedarf es einer Moduldenkweise: Wie kann man es schaffen, spezifische und modularisierte Lösungen zusammenzuführen und diese auch schnell wieder auszutauschen? Zum Verständnis hilft es, davon auszugehen, dass man vielleicht in zwei Jahren erneut Module austauschen will. Das ist momentan nicht gegeben. Wir haben sehr viele Systeme; nicht unbedingt die neuen, aber die älteren, größeren Häuser haben einen Monolithen geschaffen, der beinahe nicht mehr zu beseitigen ist. Aber genau das müssen wir tun, indem wir eine abstrakte Schicht mit klar definierten Schnittstellen darüber und schrittweise das Legacy-System wieder abbauen. Es gibt genug Referenzen, dass dies möglich ist. Aber hier ist natürlich die Flexibilität der Bank gefragt. Sehr viele denken eher in traditionellen Strukturen. Sie sprachen eben von den Anzügen von der Stange – das stimmt auf eine gewisse Weise, aber wenn die Lösung diesen angesprochenen Bankenfokus hat und die Flexibilität für den modularen Aufbau gewährleistet ist, dann kommt man zum Ziel.

Das schaffen Sie aber sicher nicht von heute auf morgen. Ist hier Geduld die entscheidende Tugend?

Geduld und der Wille, dies zu tun. Es muss nicht immer alles direkt vollumfänglich sein. Man kann auch eine Lösung anbieten sowie auf Feedback reagieren und dann entsprechend ausbauen. Das Problem: von Anfang an auf das richtige Pferd zu setzen. Das ist aber nicht mehr so einfach möglich. Man setzt eher hunderte von diesen Pferden ein und schaut, welches einen am meisten nach vorne bringt. Und dieses baut man dann aus. Diese Möglichkeit eröffnet sich nur in einer modularen Welt.

Fokus liegt auf dem Tagegeschäft

Insbesondere in Deutschland vertrauen die Menschen am liebsten auf konservative Finanzlösungen. Vor ein paar Monaten sahen sich diese Zeitgeister darin bestätigt, als Kunden der comdirect für kurze Zeit Einsicht in andere Kundenkonten hatten. Wie bewerten Sie derartige Geschehnisse?

Oft verbindet man „konservativ“ mit „Sicherheit“. Das ist nicht ganz korrekt. Gerade bei neuen Lösungen ist Security extrem zentral. Als Beispiel: Cloud-Solutions. In UK gibt es mittlerweile Banken, die vollständig als Cloud-Service agieren. Jetzt mag die deutsche Klientel denken, dass die Sicherheit nicht mehr gegeben sei. Auf der anderen Seite, investieren gerade die Cloud-Anbieter sehr viel mehr in die Sicherheit, als es je eine einzelne Bank machen könnte. Somit ist der Sicherheitslevel deutlich höher. Der Anbieter hat ein eigenes Interesse an der Sicherheit. Gerade am Standort Frankfurt werden Cloud-Solutions angeboten. Und das erlaubt jungen, digitalen Banken, sich zu platzieren. Es ist eine Frage der Zeit, bis „konservativ“ nicht mehr gleichgesetzt wird mit „Sicherheit“.

Sie sagten eben: Kommunikation geschieht mittlerweile auf vielen Kanälen. Ist es überhaupt möglich, dieses Konglomerat an Kanälen zu homogenisieren und in saubere Prozesse umzuwandeln?

Ich sehe ein zwingendes Bedürfnis, diese Kanäle zu homogenisieren auf einer höheren Ebene, d.h. es bedarf eines zentralen Kommunikationskonzepts und unterstützend eben einer zentralen Kommunikationsplattform. Momentan sind die Informationen in Silos abgelegt, um  diese zentral über einen Content-Hub laufen zu lassen und zusammenzuführen. Es braucht Konsistenz und die ist absolut machbar.

In einem Satz: Was bedeutet für Sie Kommunikation?

Kommunikation bedeutet für mich einen Austausch von individualisierten und zugleich konsistenten Informationen zwischen zwei oder mehr Parteien und zwar homogen über sämtliche Kommunikationskanäle.