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Eine weiblichere EZB: Hilft ein Frauenförderprogramm dabei?

Die Europäische Zentralbank hat viele Ziele, ein besonderes lautet: Bis 2026 soll in der Belegschaft der Notenbank ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis hergestellt werden. Dazu sollen Frauen bei Einstellung und Beförderung bevorzugt werden. Der richtige Weg?


Die EZB hat nun ein neues Frauenförderprogramm veröffentlicht.

Christine Lagarde: Seit Ende 2019 ist sie als erste Frau an der Spitze der Europäischen Zentralbank. Nun möchte die Französin auch andere Frauen in der Institution und von außerhalb ermutigen, hohe Ämter zu übernehmen.

Frauen sollen bei Einstellung und Beförderung in der EZB stärkere Berücksichtigung finden. Insgesamt soll unter den Beschäftigten der Notenbank ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis erreicht werden. Die EZB-Präsidentin: „Eine ausgewogene Geschlechterverteilung soll jetzt die Norm sein und keine Revolution, die es dann später auszufechten gilt.“

Um diese Ziele zu erreichen, hat die Europäische Zentralbank ein Frauenförderprogramm vorgelegt, das bis 2026 gelten soll. Darin finden sich Ziele über den Frauenanteil bei Neueinstellungen, in der Gesamtbelegschaft und bestimmten Gehaltsstufen.

Das Frauenförderprogramm in Zahlen

Bei Neubesetzungen und Beförderungen soll eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent erfüllt sein. Im Mitarbeiterstab soll der Anteil der Frauen je nach Ebene auf 40 bis 51 Prozent steigen. In Bezug auf Senior-Manager ist bis 2026 geplant, dass 40 Prozent weiblich sind.

Für das gesamte Management ist eine Erhöhung von jetzt rund 30 auf 36 Prozent angestrebt, unter den führenden Experten eine von etwa 33 auf 42 Prozent und unter den Experten insgesamt eine von rund 42 auf 47 Prozent.

Die Europäische Zentralbank möchte bis 2026 im Zwei-Jahres-Rhythmus Bewertungen zum Stand herausgeben. Für die Jahre 2022 und 2024 wurden Zwischenziele gesetzt.

Frauenanteil in der EZB: Was bisher geschah

Bemühungen und Förderprogramme dieser Art gibt es in der EZB schon länger. In einer Mitteilung der EZB von 2013 heißt es, dass bis Ende 2019 insgesamt 35 Prozent der Positionen auf der mittleren und der oberen Managementebene mit Frauen besetzt sein sollen. Insgesamt war eine Verdopplung des Frauenanteils in Führungspositionen bis 2019 angestrebt.

Obwohl diese Zielvorgaben nicht in allen Ebenen erfüllt worden sind, etwa im gesamten Management (Stand Ende 2019: 30 statt 35 Prozent), sind aber Entwicklungen in diese Richtung sichtbar. So hat sich der Frauenanteil im Senior-Management zwischen 2012 und 2019 kontinuierlich erhöht, von 12,2 auf 30,8 Prozent. In diesem Bereich ist damit auch das ursprüngliche Ziel von 28 Prozent übertroffen worden.

Gleiches gilt für die Analysten in der Notenbank: Hier lag der Frauenanteil Ende 2019 bereits bei 52 Prozent. Damit ist das Ziel von 51 Prozent bis 2026 bereits verwirklicht. Aber: In der Notenbank ist man mit den bisherigen Aktivitäten zu der gleichmäßigen Geschlechterverteilung in ihrer Belegschaft nicht zufrieden.

Öffentliche Institutionen: Ein Abbild der Gesellschaft?

Nun lässt sich bekanntlich über die Festlegung von Quoten und deren Wirksamkeit diskutieren. Aber ohne Quote scheint es ja in vielen Bereichen nicht zu gehen. Außerdem wird Frauen auf diese Weise der Einstieg erleichtert. Das eröffnet Chancen, sich zu beweisen – und stößt so einen kulturellen Wandel an.

Und was man auch nicht vergessen darf: Meldungen wie diese von der EZB oder Diskussionen über Frauenquoten oder den Gender Pay Gap und auch Aktionstage wie der Equal Pay Day sorgen dafür, dass diese Themen in der Gesellschaft präsent gehalten werden.

Dazu sagt Christine Lagarde: Und weiter: „Geschlecht ist eine von vielen Dimensionen der Diversität, die wir alle wertschätzen müssen.“ Und weiter: „Wir sollten Spiegel der Gesellschaft sein, der wir dienen.“

Damit meint sie die EZB, spricht aber einen wichtigen Aspekt an: Diese Bemühungen und diese Fragestellung geht alle öffentlichen Institutionen (und davon abgesehen auch alle Unternehmen) an. Denn sie können Vorbild für andere sein.

Natürlich ist ihre Ernennung zur Präsidentin der EZB ein Beweis für einen Wandel und eine Entwicklung hin zu mehr Geschlechtergleichheit. Doch wäre es schön, wenn diese Tatsache kein Unikum bleibt – und das eines Tages nichts mehr wäre, was gesondert betont werden muss, sondern als das behandeln wird, was es ist: eine Selbstverständlichkeit oder eben die „Norm“, wie Lagarde es ausdrückt.

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