Niemand ist ausbildunsgreif

Unternehmen haben immer mehr Schwierigkeiten, gute Auszubildende zu finden. Sind sie zu anspruchsvoll, oder ist die Jugend von heute so schlecht vorbereitet auf den Ernst des Lebens? Falsche Anrede, falsche Kopfzeile, Partyfoto statt professionellem Portrait, Rechtschreib- und Grammatikfehler, zeitliche Lücken im Lebenslauf. Die Liste der Fehler, die einem in der schriftlichen Bewerbung unterlaufen können, ist…


Unternehmen haben immer mehr Schwierigkeiten, gute Auszubildende zu finden. Sind sie zu anspruchsvoll, oder ist die Jugend von heute so schlecht vorbereitet auf den Ernst des Lebens?

Falsche Anrede, falsche Kopfzeile, Partyfoto statt professionellem Portrait, Rechtschreib- und Grammatikfehler, zeitliche Lücken im Lebenslauf. Die Liste der Fehler, die einem in der schriftlichen Bewerbung unterlaufen können, ist lang. Und für die Bewerber äußerst peinlich. Als Personalchef möchte man auch niemanden einstellen, der sich schon mit den Bewerbungsunterlagen blamiert. Und genau hier liegt das Problem: Bei der Suche nach Auszubildenden müssen Personaler immer wieder feststellen, dass die Kandidaten solche Fehler permanent machen. Aus dem Berufsbildunsgbericht 2010 der Bundesregierung geht hervor, dass die Hälfte aller Schulabgänger als „nicht ausbildungsreif“ eingeschätzt wird.

Ein Personaler einer Sparkasse aus dem ländlichen Bereich hatte in den 90er Jahren noch 200 Bewerber für eine Lehrstelle. Mittlerweile ist die Anzahl auf knapp 40 Bewerbungen gesunken. Knapp 80 Prozent dieser Bewerbungen sind mangelhaft. Als Grund dafür benennen Unternehmen mangelndes Leistungsvermögen und die unzureichende schulische Qualifikation.

Es ist kein Geheimnis, dass die Jugend von heute andere Wertvorstellungen hat, als die Jugend von gestern. Und das „früher alles besser war“, ist jedem Nostalgiker klar. Doch die Jugend von heute ist, wie sie ist, weil sie so erzogen wurde. Und so erzogen wurde sie von der Jugend von gestern. Die Personaler, die heute nach passenden Auszubildenden suchen, gehören auch der Jugend von gestern an und gefielen den Personalern von gestern wahrscheinlich genauso wenig, wie die heutigen Bewerber.

Der Ruf jeder jungen Generation ist schlecht. „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität.“ Das könnte wohl jeder heute sagen, aber tatsächlich stammt der Satz von Sokrates. Doch ist der schlechte Ruf tatsächlich bestätigt? Jugendforscher Klaus Hurrelmann der Universität Bielefeld sieht die heutige Jugend in keinem schlechten Licht. Die Jugendlichen sind pragmatisch, optimistisch und dennoch ängstlich, wenn sie in die Zukunft blicken. Entgegen vieler Erwartungen blicken sie aber in die Zukunft und verbringen nicht den ganzen Tag vor Facebook und Youtube.

Natürlich genügt ein schwarzes Schaf um ein negatives Licht auf die Herde zu werfen. Der wesentliche Unterschied zu den gestrigen Teenagern liegt darin, dass für sie der Lebensabschnitt „Jugend“ irgendwann vorbei war, während die heutigen Jugendlichen viel früher in diesen Lebensabschnitt kommen und kein Ende absehen können. Aber es ist die Gesellschaft, die die Jugendlichen überfordert, gerade der Arbeitsmarkt. Dieser reagiert sogar eher abwehrend, vertraut nicht darauf, dass die jugendlichen Bewerber noch lernfähig und formbar sind. Trotz kleiner Patzer in der Bewerbung.

Die Arbeitswelt ist härter geworden. Erwartet und verlangt zu viel von Menschen, die in der Schule nicht genug vorbereitet wurden. Wie kann man von jungen Menschen Perfektion verlangen, wenn diejenigen, die sie darauf vorbereiten sollten, selbst nie eine Bewerbung geschrieben haben?

Foto von Louis Santos – www.istockphoto.de