Auf der Jagd nach Datendieben

Versand- und Onlinehandel bleiben in Deutschland weiterhin auf dem Vormarsch. Gleichzeitig nimmt der Betrug bei den Bezahlverfahren im Distanzhandel rasant zu. Banken könnten Betrüger mit geeigneten Softwarelösungen auf die Schliche kommen. 70 Prozent des gesamten Kartenbetrugs findet im Distanzhandel statt, insbesondere E-Commerce Vertriebswege sind betroffen. Das ergab eine Analyse eines Branchendienstleisters. Mit einem Gesamtumsatz in…


Versand- und Onlinehandel bleiben in Deutschland weiterhin auf dem Vormarsch. Gleichzeitig nimmt der Betrug bei den Bezahlverfahren im Distanzhandel rasant zu. Banken könnten Betrüger mit geeigneten Softwarelösungen auf die Schliche kommen.

70 Prozent des gesamten Kartenbetrugs findet im Distanzhandel statt, insbesondere E-Commerce Vertriebswege sind betroffen. Das ergab eine Analyse eines Branchendienstleisters. Mit einem Gesamtumsatz in Höhe von 39,3 Milliarden Euro legte der deutsche Online- und Versandhandel 2012 um 15,6 Prozent zu. Immerhin einen Anteil von fast 10 Prozent macht der Distanzhandel am gesamten Einzelhandel aus, heißt es in der Studie „Interaktiver Handel in Deutschland 2012“, vom Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh). Ein Tummelplatz für Kriminelle, die es darauf anlegen Kartendaten beim Bezahlvorgang auszuspähen. Card not present (CNP) beschreibt dabei jenen Bezahlvorgang, der ein Vorzeigen der Karte nicht erfordert. So werden beispielsweise Kundendaten bei Zahlung per Bankeinzug oder Kreditkarte ausspioniert und wiederum für Bestellungen bei anderen Onlinehändlern missbraucht. Karteninhaber können die Abbuchung in der Regel bis zu sechs Wochen widerrufen. Ist die Ware bereits versandt, bleiben aber die Onlinehändler zumeist auf den Kosten sitzen. Schließlich sind die Betrüger in den wenigsten Fällen dingfest zu machen.

Mit 37 Prozent bleibt der Kauf auf Rechnung die beliebteste Zahlweise der Deutschen. Gefolgt von Lastschrift (24 Prozent) und digitalen Bezahlwegen wie PayPal oder giropay. Die Zahlung per Kreditkarte reiht sich mit 14 Prozent auf dem vierten Rang der Beliebtheitsskala ein, heißt es in der Studie des bvh weiter. In der Tat gilt der Kauf auf Rechnung immer noch als die sicherste Geldtransaktion aus Sicht des Endkunden. Einerseits wird der tatsächliche Erhalt der Ware gewährleistet, andererseits kommen Kunden gar nicht erst in die Verlegenheit ihre sensiblen Datensätze digital an die Händler zu übertragen. Allerdings bieten nicht alle Händler diese Bezahloption an, dabei spielen verschieden Aspekte eine Rolle. Oft sehen sich die Händler hohen Zahlungsausfällen beim Kauf auf Rechnung konfrontiert. So stellt das Forderungsmanagement einen hohen Kostenfaktor dar. Nachweislich stehen auch Retourenquote und Zahlverfahren in Korrelation zueinander. Ein wesentlich geringeres Retoureaufkommen entsteht bei Vorkasse, Sofortüberweisungsystemen und Nachnahme. Beim Rechnungskauf, PayPal und anderen Verfahren machen Kunden häufiger von ihrem Rückgaberecht Gebrauch, so ergab der Retourenaufwandsindikator des Beratungs- und Forschungsinstituts ibi research.

„Ab 2006 nahm Kartenbetrug in Europa deutlich zu. Der Wendepunkt wurde 2008 erreicht. Seither gingen die Verluste langsam wieder zurück. 2011 waren sie allerdings noch immer um rund 121 Millionen Euro höher als 2006“, sagt Martin Warwick, Fraud Chief bei FICO. Großbritannien stellt hier eine Ausnahme dar. Während 2006 noch 45 Prozent der Schadenssumme auf den Inselstaat entfiel, waren es 2012 nur noch 29 Prozent. Die verstärkten Bemühungen Großbritanniens gegen Betrugsbekämpfung, wie beispielsweise mittels Chip, PIN und neuartiger Analytik haben sich demnach ausgezahlt. In den Fokus der Betrüger sind nun Frankreich und Deutschland geraten.

Mit der neuen europäischen SEPA-Verordnung zur Schaffung von einheitlichen Regeln für Überweisung, Lastschrift und Kartenzahlungen wird sich nicht zuletzt bei Versand- und Onlinehändlern einiges ändern. Immerhin gilt für das elektronische Lastschriftverfahren in Deutschland eine Übergangsfrist bis zum 31. Januar 2016. Buchhaltung und IT müssen sich für die Umstellung auf die vereinheitlichte Sicherheitstechnologie rüsten. Was am Ende der Tenor sein wird, ob SEPA das Bezahlen sicherer macht oder um ein vielfaches komplizierter, bleibt vorerst offen. Fest steht, das Fraud Management steht mit dem Kartenbetrug im Distanzhandel vor einer gewaltigen Herausforderung.

Nicht nur Händler, sondern auch Finanzinstitute selbst sind gefragt Maßnahmen gegen Manipulations- und Betrugsversuche zu ergreifen. Steigende Umsatzzahlen im deutschen Distanzhandel lassen nur vermuten, wie bedeutsam die Versand- und Onlinehändler als Geschäftskunden für Banken sind. „Die Herausforderung in Deutschland ist es, einerseits Verluste durch CNP-Betrug zu verhindern, ohne dabei andererseits das Kundenerlebnis zu verschlechtern und das Vertrauen in die Kartennutzung zu schwächen“, sagt Warwick. Entsprechende Lösungsansätze erfassen das Verhalten der Karteninhaber beim Onlinekauf und schlagen Alarm bei Auffälligkeiten, wie zum Beispiel untypischem Kaufverhalten. Kartenherausgeber sind somit in der Lage betrügerische Transaktionen frühzeitig zu stoppen.

Foto von Pick Uppath – www.istockphoto.de