Ausgedünnter Handel

In einer längerfristigen Gesamtbetrachtung befinden wir uns weiterhin im Prozess einer sich normalisierenden Risikoeinstellung der Anleger. Heute und in den folgenden Tagen bietet sich Gelegenheit, die Gedanken zu sortieren und den Kopf aufzuräumen. Heute müsste es an den Finanzmärkten nämlich eigentlich ziemlich ruhig zugehen, sind doch die Märkte in den USA und in Großbritannien wegen…


In einer längerfristigen Gesamtbetrachtung befinden wir uns weiterhin im Prozess einer sich normalisierenden Risikoeinstellung der Anleger.

Heute und in den folgenden Tagen bietet sich Gelegenheit, die Gedanken zu sortieren und den Kopf aufzuräumen. Heute müsste es an den Finanzmärkten nämlich eigentlich ziemlich ruhig zugehen, sind doch die Märkte in den USA und in Großbritannien wegen Feiertagen geschlossen. Und im weiteren Verlauf dieser Woche stehen keine zwingend wegweisenden Datenveröffentlichungen oder Zentralbank-Ereignisse an; der Datenfluss wird lediglich durch (für die meisten Anleger) zweitrangiges Material im Fluss gehalten.

Dank Ifo, BVB und FCB wissen wir, dass Deutschland sowohl im Fußball wie auch in der Konjunkturentwicklung europäische Spitze ist. Der Ifo Index signalisierte, dass die aktuelle Stimmungslage (auch außerhalb Oberbayerns) deutlich besser ist als noch im April. Die Geschäftserwartungen sind robust. Und es gibt eine Reihe von Gründen, positiv in die nähere Zukunft zu blicken: Auftragslage im Bausektor, Auftragslage im Bereich der Investitionsgüter, Stimmung unter den Verbrauchern. Und selbst im wichtigsten Exportland Frankreich gibt es ausweislich des deutlich verbesserten Insee Geschäftsklimaindex Anzeichen einer konjunkturellen Belebung.

Für eine Stabilisierung der derzeit etwas nervösen Stimmung an den Finanzmärkten reicht ein positiver Konjunkturausblick für Deutschland alleine freilich nicht aus. Hier spielen der taper time talk bezüglich der US Notenbank und die Kursentwicklungen in Japan die dominierende Rolle. An den japanischen Aktienmärkten geben die Kurse heute erneut um rund drei Prozent nach. Immerhin sind die Rückwirkungen auf die Währungs- und die Rentenmärkte sehr gering. Bei all dem Brimborium, welches um die Korrektur an den japanischen Aktienmärkten gemacht wird, dürfen wir eines nicht vergessen: Die Kurse haben sich seit dem vergangenen Herbst fast verdoppelt. Alleine seit Jahresbeginn bis Mitte vergangener Woche zogen die Notierungen um 50% an – dagegen nehmen sich die Aufschläge von 8% bis 16% in Deutschland, Europa und den USA regelrecht kärglich aus – was sie bei absoluter Betrachtung freilich nicht sind.

In einer längerfristigen Gesamtbetrachtung befinden wir uns weiterhin im Prozess einer sich normalisierenden Risikoeinstellung der Anleger. Dieser Prozess wird freilich immer wieder von mehr oder weniger intensiven Marktunruhen begleitet werden. Während dieser Unruhephasen stellt sich dann die Frage, ob wir lediglich ein kurzes Zucken der Märkte erleben oder uns aber innerhalb einer ausgeprägteren, vielleicht mehrwöchigen Korrekturphase befinden. Bei allem Respekt gegenüber den Märkten würde ich das derzeitige Geschehen als „ausgeprägtes Zucken“ charakterisieren: Die Kursbewegungen sind teils recht heftig (japanische Aktien, EWU Peripherie-Anleihen), der makroökonomische Rahmen spricht jedoch gegen eine zeitlich ausgedehnte Gegenbewegung. In diesem Zusammenhang waren die besser als erwarteten Stimmungsindikatoren aus der Eurozone (PMIs, Ifo, Insee) von enorm wichtiger Bedeutung. Und wenn wir auf das Kursgeschehen im heutigen frühen Handel schauen, so scheint sich dieser Eindruck zu bestätigen: Bund Future nahezu unverändert. EUR-USD nahezu unverändert, Dax Future leicht im Plus. Auch wenn wir die Abwesenheit zahlreicher Marktteilnehmer rund um den Globus berücksichtigen müssen – meine sortierten Gedanken sagen mir: DAS sind keine Signale einer aus dem Rahmen fallenden Marktkorrektur.

Foto von Silvia Bukovac – www.istockphoto.de