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„Das Netz wird engmaschiger“

Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nimmt beim Gesetzgeber einen immer größeren Stellenwert ein – die hohe Geschwindigkeit, mit der Regulierungen wie die EU-Geldwäscherichtlinie aktualisiert werden, bestätigt das. Vor allem Finanzinstitute stehen vor großen Herausforderungen, diese Anforderugen umzusetzen und dabei trotzdem wirtschaftlich effizient zu bleiben. Über diese Themen sprachen wir mit Dennis Hannemann vom Bundesanzeiger…


Bildnachweis: iStock.com/Maxger

Wie bewerten Sie die Effektivität der EU-Geldwäscherichtlinie im Hinblick auf das Ziel, die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung zu verbessern und die Transparenz von finanziellen Transaktionen und Unternehmen zu stärken?

Dennis Hannemann: Vor allem im Zusammenhang mit den Skandalen um die Panama- und Paradise Papers merkt man, dass der Gesetzgeber ein erhöhtes Interesse daran hat, die Geldwäschebekämpfung stärker zu fokussieren. Das schlägt sich in aktuellen Maßnahmen nieder. Wie erfolgreich diese tatsächlich sind, wird sich in Zukunft noch zeigen. Bereits mit der vierten EU Geldwäscherichtlinie wurden die europäischen Mitgliedsstaaten beispielsweise verpflichtet sogenannte wirtschaftlich Berechtigten Register – in Deutschland das Transparenzregister – einzuführen. Obwohl es bis dato noch nicht jedem EU-Mitgliedsstaat gelungen ist, diese umzusetzen, lässt sich durch diese neue Verpflichtung der Trend erkennen, dass der Gesetzgeber mehr Transparenz fördern möchte. Der Bankensektor wird dadurch natürlich mit zunehmend großen Herausforderungen konfrontiert und sehr stark unter Druck gesetzt, denn Geldtransaktionen laufen nun mal zum großen Teil über Bankkonten und bergen immer die Gefahr, dass Geldwäsche betrieben wird. Ob die neuen regulatorischen Maßnahmen dazu führen, dass die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nachhaltig erfolgreicher wird, bleibt abzuwarten. Nichtsdestotrotz kann festgestellt werden, dass das Netz engmaschiger wird, und das ist in jedem Fall ein gutes Zeichen.

Was wird sich durch die 5. Novellierung der EU-Geldwäscherichtlinie verändern?

Die 5. EU-Geldwäscherichtlinie wird aktuell in Deutschland in nationales Recht umgesetzt und es wird sich einiges für die Verpflichteten ändern: Ein ganz wesentlicher Punkt ist, dass beispielsweise die Rolle des Transparenzregisters in der neuen Richtlinie verstärkt wurde. Kreditinstitute müssen das Transparenzregister perspektivisch in zweierlei Hinsicht nutzen. Einerseits im Rahmen ihrer KYC-Prozesse, weil die gesetzlich vorgeschriebene vollständige Durchdringung der Kontrollstrukturen bei der Abklärung von wirtschaftlich Berechtigten (wB) den Abruf des neuen Registers zwingend erforderlich macht. Auf der anderen Seite muss ein Institut zukünftig Abweichungen von Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten, welche Sie im eigenen Datenbestand vorfinden, zu den wB-Informationen, welche sich aus dem Transparenzregister ergeben, melden. Das bedeutet aus prozessualer Sicht, dass das neue Register berücksichtigt werden muss, was in jedem Fall eine Anpassung der bestehenden KYC-Prüfprozesse an die neue Regulatorik erforderlich macht.

„Der Gesetzgeber hat die Schrauben angezogen“

Was haben die Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz der Bafin konkretisiert?

Die Bafin AuA haben die alten DK-Hinweise abgelöst: In der Vergangenheit haben die Bankenverbände mit der Bafin gemeinsam eine Vorgehensweise abgestimmt wie das damalige Geldwäschegesetz in der Praxis anzuwenden ist. Seit dem 11.12.2018 werden diese Hinweise durch die neuen Bafin AuA ersetzt. Grundsätzlich ist ein schlankes Papier entstanden, und es hilft wie ich finde den verpflichteten Instituten. Dort steht beispielsweise geschrieben, dass die Institute sich bei der Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten nicht ausschließlich auf die Angaben der Handelsregister verlassen dürfen. Wie schon erwähnt erwartet die BaFin, dass die Eigentums- und „Kontrollstruktur“ zu durchdringen sowie aufzulösen ist. Das impliziert, dass die BaFin bzw. der Gesetzgeber davon ausgeht, dass hinter jeder Legal Entity ein „echter“ wB existiert und dass ein Kreditinstitut die größtmöglichen Anstrengungen unternehmen muss, diesen abzuklären. Man merkt also, dass der Gesetzgeber die Schrauben angezogen hat.  Weitere Änderungen sind zum Beispiel, dass die anlassbezogene Überprüfung verstärkt in den Fokus geraten ist. Die Pflicht zur anlassbezogenen Überprüfungen gab es schon vorher, aber nun wurde in den AuA konkret aufgenommen, dass eine Änderung innerhalb der Eigentümer- und Kontrollstruktur bereits einen  Anlass darstellt. Kreditinstitute müssen somit systemseitig dazu in der Lage sein, solche Änderungen mitzubekommen. Des Weiteren gilt nun zum Beispiel, dass auch bei Bürgen eine KYC-Prüfung durchzuführen ist. Das war in der Vergangenheit nicht so mit der Folge, dass der gesamte Bestandskundendatensatz einer Bank nun hinsichtlich dieser neuen Vorschrift überprüft werden muss. Das wird je nach Größe des Bestandskundendatensatzes eine sehr große Herausforderung für die Institute werden.

„Nicht nur die regulatorische Komplexität nimmt zu, sondern auch die Veränderungsgeschwindigkeit“

Wie kann die Digitalisierung dabei helfen, die Herausforderungen bei der Umsetzung dieser Richtlinie zu bewältigen?

Meiner Einschätzung nach ist die Digitalisierung von KYC-Prozessen zwingend notwendig.  Die verpflichteten Institute müssen es schaffen, das neue geforderte hohe Compliance-Level zu erreichen und dabei gleichzeitig wirtschaftlich effizient zu bleiben. Wenn eine Bank perspektivisch mehr KYC-Prüfungen durchführen muss und die Komplexität der KYC-Prüfungen inhaltlich zunimmt, führt kein Weg an intelligenten digitalen Lösungen vorbei. Finanzinstitute brauchen zwingend digitale Prozessunterstützungen sowie die Möglichkeit, Informationen aus unterschiedlichen Registern automatisiert in die IT-Systeme der Bank zu spielen. Sie müssen versuchen, den Informationsgehalt, der für die Prüfung benötigt wird, möglichst schon zu Beginn des Prozesses automatisiert zu erhalten – je vollständiger und valider die Informationen sind, desto effizienter ist der nachgelagerte Prozess. Im Fall der anlassbezogenen Überprüfung wird es beispielsweise nicht möglich sein, perspektivisch ohne Trigger-basierte Monitoring-Services regulatorische Anforderungen erfüllen zu können. Außerdem nimmt nicht nur die regulatorische Komplexität zu, sondern auch die regulatorische Veränderungsgeschwindigkeit: Noch bevor der Gesetzgeber beispielsweise die 4. EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umgesetzt hatte, wurde schon die Änderung dieser Richtlinie (5. EU-Geldwäscherichtlinie) seitens EU-Kommission beschlossen. Die Gesetzeslage wird sich perspektivisch stetig verändern, und zwar immer schneller, während der Komplexitätsgrad gleichzeitig zunimmt. Banken benötigen deshalb innerhalb der prozessualen Landschaft zwingend Systeme, die es ermöglichen, agil auf solche Veränderungen zu reagieren. Hierbei ist Digitalisierung ein wesentlicher Bestandteil, denn ohne unterstützende Tools wird es zukünftig nicht möglich sein, einen nachhaltigen „Regulatory-Fit“ zu erreichen.