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Der Spagat der Zentralbanken

Die Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks setzen ihren Kurs fort. Im Angesicht möglicher Inflationsrisiken werden die geldpolitischen Zügel enger gezogen und der Leitzins angehoben.


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Das Jahr 2023 beginnt aus Sicht der Währungshüter, wie das vorige zu Ende ging. Sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die Fed führen ihren Anti-Inflationskurs fort und drehen weiter an der Zinsschraube. Der Blick über den Atlantik lässt jedoch vermuten, dass der Leitzins bald an seinem Höhepunkt angelangt sein könnte. 

Fed gibt sich reserviert

Die Pressemitteilung des Federal Open Market Committee (FOMC) wurde am 01.02.2023 und damit einen Tag vor der Ankündigung der EZB veröffentlicht. Darin begründet das oberste Beschlussorgan der Fed seine weiteren finanzpolitischen Maßnahmen mit dem schwierigen Spagat aus Inflationszielen und Konjunkturdaten. Aufgrund der günstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, etwa der hohen Beschäftigungsquote, sieht es sich dazu befähigt, den Leitzins wie angekündigt anzuheben. Damit wendet sich die amerikanische Zentralbank gegen die kriegsinduzierten Inflationsrisiken und hält Kurs auf den avisierten Zielwert von zwei Prozent Inflation. 

Demnach wird der Hauptrefinanzierungssatz um 25 Basispunkte steigen und bei insgesamt 4,75 Prozent landen. Das Abflachen der Zinskurve wird zwar als Signal verstanden, dass ihr Höhepunkt in Sichtweite liegt. Wie viele Schritte bis dahin zu gehen sind, lässt sich jedoch nicht mit Gewissheit sagen. Anders als zuvor kündigt das FOMC nun an, die Zahl weiterer Zinsschritte von der Marktdynamik abhängig zu machen. Darüber hinaus gibt die amerikanische Zentralbank bekannt, dass sie ihren Bestand an Staatsanleihen, Schuldtiteln und Hypothekenpapieren abbauen wird. 

EZB holt auf

Die EZB reagiert in ähnlicher Weise auf die wirtschaftspolitischen Entwicklungen und die daraus resultierenden Anforderungen. Im Gleichklang mit der Fed ist der EZB-Rat zuvorderst bestrebt, die Inflationsrisiken einzudämmen. Auch im Euroraum wird der Leitzins nach oben angepasst, um die Preissteigerungen der vergangenen Monate wieder einzufangen. Anders als die Fed behält die EZB jedoch ihr Tempo bei. Die erneute Steigerung um 50 Basispunkte hebt den Hauptrefinanzierungssatz auf nunmehr drei Prozent. Der Abstand zum amerikanischen Leitzins liegt in der Folge erstmals seit Juli 2022 unter 2 Prozent. 

Lautete Christine Lagardes Antwort auf die Frage, mit wie vielen Steigerungsrunden denn zu rechnen sei, im letzten September noch “more than two and less than five”, so ist diese Ansage heute überholt. Mit Blick auf die nächsten Geldpolitischen Beschlüsse kündigte die EZB-Präsidentin an, einen weiteren, also fünften Zinsschritt vornehmen zu wollen. Gleichzeitig wird die EZB ab März damit beginnen, ihre Anleihebestände aus dem Asset Purchase Programme (APP) zu verringern. Hierzu soll das Eurosystem zu erwartende Tilgungsbeträge nach Fälligkeit nicht wieder vollumfänglich anlegen. 

Für ihren Kurs erntet die EZB von deutscher Seite viel Zustimmung. Henriette Peucker, Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers des Bankenverbands (BdB), hält den gegenwärtigen Inflationstrend im Euroraum mit gut fünf Prozent für entschieden zu hoch. Sie konstatiert, dass die EZB völlig zurecht die längerfristige Entwicklung im Blick halte. Ähnlich bewertet der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Helmut Schleweis, die Entscheidung der obersten europäischen Notenbank. In Anbetracht abzusehender Zweitrundeneffekte sei es notwendig, die Geldpolitik zu normalisieren. Hierzu gehöre ebenso die Rückführung der Bilanzsumme der Notenbanken des Eurosystems. 

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